Wenn ich der überregionalen Presse Glauben schenke, dann leuchtet wieder neongrell die Distanz zwischen dem Witwesk und dem „normalen Leben“ auf:
• Während ich stets bis Anfang April die Steuererklärung des vergangenen Jahres fertig haben muss, weil mir die Rentenversicherung sonst die Witwenrente streicht, wird nun all den Sars-CoV-2-Ausgangsbeschränkungsgeschädigten empfohlen, als Beschäftigungstherapie doch die Steuererklärung in Angriff zu nehmen (die offenbar die meisten davon nicht selbst machen, weil sich in der Presse gleich noch massenweise Ausfülltipps finden).
• Während ich seit neun Jahren immer um Ostern herum den Frühjahrsputz erledige, weil dann oft die Sonne scheint und ich nicht mehr aus den Fenstern sehen kann; weil ich kein Geld für eine Putzkraft habe; weil an Ostern alle wieder ganz besonders ‚in Familie‘ unterwegs sind, die ich ebenfalls nicht habe, wird nun all diesen Sars-CoV-2-Ausgangsbeschränkungsgeschädigten empfohlen, als Beschäftigungstherpie doch mal einen Frühjahrsputz (selbst) in Angriff zu nehmen.
• Während ich Freude höchstenfalls zweimal im Quartal treffe, und es sich nunmehr noch um exakt zwei Freunde handelt, weil der Rest sich als Täuschung erwies, und diese Treffen dann meistens bei mir stattfinden, weil Ausgehen in der Witwenkasse nur ein winzig kleines Budget hat, wird nun all diesen Sars-CoV-2-Ausgangsbeschränkungsgeschädigten empfohlen, ihre Sozialkontakte, statt sie zwei- / drei- / viermal wöchentlich in Restaurants, Clubs, Kinos oder ähnlichen Orten zu kontaktieren, via Zoom-meeting um den heimischen Herd zu versammeln, gemeinsam zu videokochen und zusammen zu videoessen (natürlich nur gelieferte Lebensmittel).
Wenn ich lese, wie „die Welt“ jetzt so tickt, all diese „normalen Menschen“ mit ihren „normalen Leben“, die nun so ge- und verstört sind, dann sehe ich schlicht nur wieder einmal die Distanz zwischen dem Witwesk und all denen da in ihren normalen Leben (und das ist nichts anderes als der statistische Durchschnitt; aber irgendwie können den offenbar alle um mich herum erleben).
Die meisten haben auch in Sars-CoV-2-Zeiten Menschen um sich und sind ein Mensch, der um Menschen herum ist.
Ich indes bin allein. (Und ich habe mir das nicht ausgesucht.)
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Ja, ich weiß: Das hat seine Vorzüge.
Die zu erkennen, fällt mir allerdings immer noch oft schwer.
Doch einen sehe ich. Und weil ich allein bin, muss ich von dem keinem mehr erzählen.