„Meine Intensiv-Rufbereitschaft bei Stephan Trauth begann am 05.08.2009. Aus ihr wurde am 11.09.2010 ein Dauerdienst, der bis zum 12.11.2010 anhielt, bis gestern also, als Stephan Trauth durch meinen Blick ging. Das Ende war“
– so beginnt der Roman.
Der dritte, der fertig ist. In meinen beiden Leben fertig geworden ist.
Der erste im Witwesk.
Was er erzählt? – Das:
Weiß der Tod, ob er zur richtigen Zeit kommt? Und was geschieht mit der Liebe, wenn das Sterben tatsächlich beginnt?
Als Stephan Trauth mit Anfang vierzig eine potentiell tödliche Diagnose gestellt wird, fängt sein Tod an, ihn zu begleiten und ihre Begegnungen zu protokollieren. Der vorliegende Text ist der Bericht über diese Einsätze, den er anhand der Protokolle ausgearbeitet hat.
Stephans Tod begleitet ihn und seine Frau Malin bei ihrem Sturz aus Welt und Zeit, beim Weg durch die übliche Krankheitsmaschinerie (zum Beispiel auf die Intensivstation und in die Chemotherapie), beim Schwinden der Sprache – auch ihrer Sprache der Liebe – und in ihrem Versuch, festzuhalten: sich, ihren Verstand und vor allem ihr Gefühl füreinander.
Immer wieder muss der Tod dabei innehalten und taucht dann in Erinnerungen an frühere Zusammenkünfte mit Stephan ein, denn natürlich war er schon ein paar Mal zuvor, zum Teil sehr lange vor der Krankheit, bei ihm. Oft handelte es sich um ganz alltägliche Situationen, aber auch bei einem Rundgang durch Mykene, einer Autopanne auf Kuba oder einem Bad in der Brandung der Costa de la luz konnte der Tod Stephan schon beobachten. Damals jedoch hat Stephan nie seinen Blick gesucht.
Und auch jetzt sehen sich die beiden lange Zeit nicht an.
Fast alle anderen sehen derweil ohnehin weg; nachdem eine zweite tödliche Diagnose hinzukommt, sehen sie auch einfach gezielt an Stephan vorbei.
Sein Tod aber sieht unter gesenkten Lidern immer wieder einmal hin. Er protokolliert, was er sieht, und er wartet. – Auf Stephans Blick.
Und er, der Roman, erzählt es nun hier, ohne Rücken, ohne Seiten, ohne Welt (und ohne Geld), er erzählt es allein².