Einst lief ich an des Todes Rand.
Und lernte der Menschen Furcht
vor mir
als neues ABC.
Jetzt beherrsche ich nicht nur das Balancieren,
sondern auch der Menschen Sprache
ihre Selbstlügen, ihre Femdlügen und
ihre Lügenzufriedenheit.
Künftig werde ich auf jedem Seil tanzen
weit droben und zwischen den Menschen
und wie immer auf der Wahrheit
sein
unvermeidlich.
© Corinna Laude, Feburar 2024
Nie so sehr wie dieser Tage spürte ich Zerrissenheit.
Schließ ich die Augen, blaut die Sehnsucht auf dem Innenlid,
baut sich ein Schiff und segelt los.
Mach ich sie auf, hagelt Totalitarismus rein und zersiebt
meinen letzten Frieden noch:
Es muss gestanden werden – auf, ein und gegen all das,
was nun erneut aus dem fauligen Schoße kroch.
© Corinna Laude, 6. April 2023
Ich möchte nur noch schreien.
Ihr habt mir die Zwangsspritze angedroht, oder ihr habt dazu geschwiegen.
Ihr habt mir mit Arbeits- und dem Supermarktbetretungsverbot gedroht oder zu meinem dann anstehenden Hungertod geschwiegen.
Ihr habt mir monatelang das Menschsein verboten, oder ihr habt dieses Verbot beschwiegen.Ihr habt den Alten, den Totkranken ein Mensch zu sein verboten, und ihr habt den Blick auf ihr einsames Krepieren gemieden.
Ihr habt den Kindern die Entwicklung verboten und damit unser aller Zukunft in eurem Gehorsamswahn zerrieben.
Ich kann nicht mehr, aber ich möchte nur noch schreien.
Ihr beginnt nun, euch gegenseitig ans Messer zu liefern.
Ihr beginnt nun, die Verantwortung von euch zu weisen.
Ihr beginnt nun zu sagen, was ich seit Jahr und Tag sage, obwohl ihr mir das Maul gestopft, meine Reputation vernichtet, meine Existenzmittel ausgelöscht und mich in den Chroniken ausradiert habt.
Ihr schweigt weiterhin über eure Schuld.
Ihr schweigt weiterhin über euer Versagen.
Ihr schweigt weiterhin über euer Schweigen, doch am Schweigen erstickt, wer es zu lange betreibt, und so schreit ihr nun laut in eurem Ersticken: „KRIEG!“ schreit ihr, ihr schreit nach dem Krieg, nach Vernichtung, denn
ihr habt viel zu lange geschwiegen.
Ich möchte nur noch schreien. Aber ich kann nicht mehr, denn
ich habe nie geschwiegen.
Heiser also gehe ich meinen Weg weiter.
© Corinna Laude, 3. Februar 2023
Lebensmaskenballööö
öööööhhh sinkt auf alternativloser Flugbahn
sacht von gar nicht zu irgendwohin drostend die
alleseinfangende, allumfassende, allein allsagende,
das Signum des Zivilisationsgrads gen Hundehaufen.
Sitzt auf Intensivbettenraub flügellahm
schlepp ernd von nichts zu extremismusfrohlockend die
kahleinkanzlernde, kahligsabbernde, kehrausragende,
und verheddert sich in Atemschlauchschlaufen.
Wiehlern, Buyxen, Sudelmeyern,
Prieseloben und Montkollerie –
wir werden nie wieder Menschlichkeit feiern.
Atmen, Denken, Todentschleiern,
Liebeleben, bis zur Réverie –
und wir werden immer neu Aufklärung meistern.
© Corinna Laude, 31.12.2021
Einst war Zeit Stacheldrahtigkeit
da nach dem Tod, dem der,
rollte durch Tag und Käsebrot, über Auge, Zahnbürste und Abendrot.
Dann kamen die Tage aus Schnuppern und Klang
Kleidern und Operngesang, es kamen Lächeln, Sonnen und
Balkontomaten, Genitivlüste und Klaviersonaten.
Jetzt ist Zeit Gesundheitsheilsleid
hier in dem Leben, das den
Geist erschlagen hat, vollkommen auf der Strecke blieb und blutig
jetzt einläuft in Tage aus Masse und Heil
Ordnung und Zwang, es laufen Amt und Befehl, es marschieren
Heßling und G stahlbestiefelt auf Klaviersonaten.
Bald wird Zeit Gattungseinigkeit
in Terror und Null,
wird die Nichtigkeit auch noch in den Dreck ziehen und kalt
kalt wird der Menschen Zeit verenden.
Eine Klaviersonate aber hat ihre Noten
an eines Weges Rand niedergelegt,
der Zufall weht einen Balkontomatensamen dazu
und dann kommt ein Regen, der hat sie begossen,
es sprießt ein Keim, dessen Pflanze einer
heute noch unbekannten Vogelart zur Nahrungsquelle gereicht,
den Vogelkot nehmen sechzehnkantige Würmer zu sich, deren Verwesungsprodukte
blau aufploppen, wenn irgendein Wind über sie streicht.
Und während sie blau aufploppen, entfahren ihnen zwölf Takte Klaviersonate und drei sechzehnkantige, vogelkotgestimmte, regengetränkte Zufallstomaten.
Einfach so.
Ins All.
Ganz ohne Menschen.
© Corinna Laude, 24.11.2021
Endlos die Nacht, seit sie uns nicht mehr
wie einst in jenen längst vergangnen zweimal behelligen
mit ihren Taschenlampen.
Noch endloser ein jeder einzelne Tag.
Wir taumeln von Ausbruch zu Ausbruch,
ich denke an nichts anderes mehr, einen letzten, meinen.
Jetzt, wieder mitten im Ausbruch, endlose
Tage, Kachelmenschen, Mumienmenschen und
dieses Quietschen der Gummiclocks auf dem Flur,
auf dem aber 23 Stunden lang Stille
pocht mein Blut in dem Ohr mit dem Hörgerät, in dem die Batterie
noch ihren Hasendienst versieht, endlos
und auch sonst rosafarben propagandieren heute und tagesschau
unseren Schutz, da inmitten des neuerlichen Ausbruchs,
ich denke an nichts anderes mehr, einen letzten, meinen
Enkel habe ich – wann, verdammt, zuletzt umarmt,
Arme schlagen die Trommelstatistik, endlos
die Nächte, wer nicht Alarm klingelt, bleibt allein,
wer Alarm klingelt, wird allein sterben, keiner von uns
wimmert mehr, keiner
meiner Menschen lebt noch oder kommt zu Besuch.
Der ist schon früher selten gekommen, und immer
mit dieser klammen Ungeschicklichkeit eines schlechten
Gewissens.
Nächte, viele Nächte hab ich mich durchgefragt: Was hab ich
falsch gemacht, dass jetzt die Wange so feucht und kühl – wenn
ich geahnt hätte, dass meine letzten Jahre ohne Wange, Hand, Lächeln,
trocken oder feucht, warm oder kühl,
ruhigere Nächte wären mir zuteil geworden,
doch für Konjunktive hab ich keine Verwendung mehr.
Auch nicht für die Klingel. Nicht für Skype. Für keinen Tag
und keine Nacht, jetzt, wieder mitten im Ausbruch,
denke ich an meinen.
Und trommle alles in mir zum Bettgitter, nein, das Quietschen der Gummi-
Clocks auf dem Flur übertönt nicht mein Trommeln, es
bleibt meinem Kissen, meinem Laken fern, es quietscht gemächlich
zur nächsten Spritzung der Mumienleib, weil wir doch
im neuerlichen Ausbruch sind.
Ich mache jetzt meinen.
© Corinna Laude, 31.10.2021
Wenn die Toten etwas gölten,
dann wären das Sterben nicht in Isolationshaft
und das Leben nicht in Vergessenheit
geraten.
Wenn die Toten etwas gölten,
dann würden die Kinder von Angesicht zu Angesicht
und die Ärzte im Schweiße ihres Angesichts
lernen.
Wenn die Toten etwas gölten,
dann könnten die Menschen tanzen, lachen, traurig sein
und singend oder schweigend auch ich mein Leben
zu seinem Ende bringen.
(© Corinnna Laude, 03.10.2021)
stündest Du jetzt in unserm Flur
(manchmal ereilt mich dieser Gedanke immer noch, verzeih)
und würdest
nachdem Du meiner Losigkeit zu einer Fassung
und ich Deinem Tod zu einer Auslassung verholfen hätte
und wir beide brizzelnd, klappernd und wacker voreinander knieten
darum bitten zu erfahren, was denn bloß sei, da jetzt
stünde ich stumm in unserem Flur und würde
– nach langen Minuten in Deinen Augen –
auf die nicht von uns zerschrammten Dielen sehen
dann Dich an und mit Dir gehen.
(© Corinna Laude, 13.03.21)