Müdigkeit von der Wurzel bis zum Grundwasser

„Zeugnis ablegen bis zum letzten.“ (Victor Klemperer)

Seit Tagen, wenn nicht Jahren, spüre ich sie wachsen, dränge sie zurück, nur um sie noch größer wiederkehren zu sehen: die Müdigkeit.
Um ehrlich zu sein: Ich bin nunmehr ratlos ihr gegenüber.

Mein Schreiben löscht sich ewig schon selbst wieder aus. Meine politische Arbeit dämmert lang schon dahin. Meine „nebenberufliche“, also nebenwitwenrentliche Erwerbsarbeit funktioniert, mehr aber auch nicht, und macht mich immer öfter an den Urlaub denken und an ihr Ende. Menschenkontakt, vor allem zu solchen, die bis heute Coronoide oder KriegsfetischistInnen sind, zermürbt mich mehr, als ich jeweils vorher dachte.

Einen Traum gibt es in mir (dabei häufen sich neuerdings und gänzlich gegen alles, was ich kenne, Alpträume), einen Traum habe ich noch immer, und je länger ich ihn hege, desto unwirklicher wird er.
Er geht so:
Ich packe meine Sachen und fahre an ein südliches Meer in ein kleines Haus in kleiner Entfernung von einem kleinen Dorf. Aber AM MEER, jedenfalls in fußläufiger und akustischer Entfernung vom Meer.
Und da bin ich. So lange, wie ich brauche. Für was auch immer.
Und ich hätte dort gern Strom für den Laptop zum Schreiben und – ab und an – Zugang zum Internet, um mit den wenigen Vertrauten in Kontakt bleiben zu können.

Heutzutage ist dergleichen offenbar für Menschen wie mich unbezahlbar.
Doch abgesehen von der finanziellen Hürde – ich bin so dermaßen aus der Übung, Wagnisse einzugehen, dass ich nicht den Mut finde, dieses vermutlich letzte Wagnis anzugehen, also diesbezüglich etwas zu „planen“. Denn wenn ich eins wirklich gelernt habe, dann dies: Nichts ist planbar, noch nicht einmal der nächste Atemzug, weil ein jeder Mensch vor ihm sterben kann.
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Ich hab jetzt grad eine Woche unvorhergesehenen Urlaub. Immerhin ist in der wettertechnisch ein wenig Sommer da – wer hätte das bei den regnerischen 16-20 Grad zuvor gedacht? Vielleicht stöpsle ich mir also das „Meeresrauschen 1-25“ von der App ins Ohr und packe mich mittags auf den Deckchair auf Balkonien. Dann gäbe es ein wenig Vitamin D zusätzlich – und vielleicht würde mir durch dieses artifizielle „Meeresrauschen“ klar,
dass es noch Meer gibt.

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