„Zeugnis ablegen bis zum letzten.“ (Victor Klemperer)

Ich dokumentiere nur:
– Ende Oktober stellte aus bis heute unerfindlichen Gründen mein TV-Kabelanschluss seinen Dienst komplett und bis heute ein; Techniker fanden nichts, sondern befanden, mir durch zwei Altbauwände ein neues Kabel auf Putz verlegen zu müssen, was ich ablehnte. (Antennenfernsehen tut’s mit seltsamen Einschränkungen auch).
– Vor einer Woche ging mein flitzerotes Fahrrad kaputt und ob meine verzweifelte Suche nach dem nötigen Ersatzteil, die heute ihren vorläufigen Höhenpunkt erreichte, erfolgreich war, werde ich erst in einigen Tagen erfahren (derweil fahre ich ÖPNV und mir fliegen die Ticketpreise förmlich um die Ohren). Drei Fahrradschrauber-Läden (einer winzig, zwei ziemlich groß) konnten mir nicht wirklich weiterhelfen, u.a. weil sie Schneeflöckchen beschäftigen, die bereits überfordert sind, wenn man ihnen zwei Fragen (wie lange, wie teuer) binnen einer Minute stellt.
– Vorgestern gab dann auch noch meine Haustürklingel (offenbar die einzige von etwa 6 belegten an unserem Klingelschild) ihren Geist auf, und nun jagen mich die DHL-Paketzusteller (ich habe – mühsam aufgetrieben – Staubsaugerbeutel und Glühbirnen im I-Net bestellt) statt zum DHL-Annahme-Kiosk um die Ecke zu irgendwelchen Paketstationen jwd.
– Heute erfuhr ich, dass in meiner Optiker(großgeschäfts)filiale, bei der ich seit etwa 20 Jahren so alle 5 bis 3 Jahre neue Gläser machen lassen muss, niemand mehr die Kompetenz hat, meine Prismen auszumessen, woraufhin ich zur nächstgelegenen (weiterentfernten) Filiale geschickt wurde mit der dringenden Empfehlung, dort vorher anzurufen. Das tat ich: Dort gibt es immerhin einen – in Ziffern: 1 – Fachmann dafür, und der ist hoffnungslos ausgebucht. Man empfahl mir, es in einer Filiale in etwa 10 km Entfernung zu versuchen. Auch das tat ich: beim ersten Mal brach ich die telefonische Warteschleife nach etwa 10 Minuten ab. Beim zweiten Mal kam ich durch – und justament zu dem dortigen (einzigen!) Experten für mein Problem: Termine erst ab Januar.
Ich klage nicht. Ich dokumentiere, lege Zeugnis ab.
Nunmehr ganz plötzlich massiv davon, dass dieses Land dabei ist, völlig vor die Hunde zu gehen, weil auch die simpelsten Dinge nicht mehr funktionieren.
Was mir wirklich zu schaffen macht, ist der Fahrrad-Verlust.
Ich will ein flitzerotes! Und wenn ich für meins jetzt dieses Ersatzteil nicht auftreiben kann, dann will ich unbedingt wieder ein Faltrad, weil es so klein ist (ich falte es ja gar nicht, aber ich liebe seine Wendigkeit und dass ich es mit in die Wohnung nehmen kann): Mit 20-Zoll-Reifen, Nabenschaltung (3 Gänge reichen völlig) und Rücktritt. Und vor dem Kauf ausprobieren muss auch sein. – Das ist aber offenbar so etwas wie eine eierlegende Wollmilchsau, in der Hauptstadt der BRD …
Was mich tiefgründiger beunruhigt, ist die Brille. Ich schiebe die neuen Gläser jetzt schon ein Jahr vor mir her, doch langsam geht’s wirklich nicht mehr. Mit 1000 Euro hatte ich kalkuliert, doch wenn ich nun nicht mehr zu dem Groß-Optiker gehen kann, weil die keine Fachleute mehr haben – wie teuer wird das dann?
