„Zeugnis ablegen bis zum letzten.“ (Victor Klemperer)
Jetzt ist der „Teaser“ zum neuen Video, den wir aus Gründen „Präludium“ genannt haben, draußen in der Welt. (Es wird nur bei diesem einen bleiben; letztens dachte ich ja noch an zwei, so aber ist es besser.)
https://www.youtube.com/watch?v=4R2A3gHCOUI
Und bald kommt – wenn meine Technik weiterhin mitspielt – das Video selbst.
Und das zu machen – fast rundweg: zu machen – war eine für mich bemerkenswerte Erfahrung.
Dass die drei Kassandras bei ihren Projekten auf wundersame Weise zusammenklingen (denn wir sind nun wahrhaftig drei sehr unterschiedliche Frauen), habe ich ja schon von Anfang an erfahren.
Doch jetzt das da mit dem Video war nochmals neu.
Nachdem wir die performance an etlichen Tagen konzipiert und dafür geprobt hatten und das Video darüber dann an einem ganzen, geschlagenen Tag mithilfe unserer wundervollen Kamerafrau gedreht hatten, erklärte ich mich bereit, es zu schneiden (weil ich von unserem letzten Video etwa 4 Minuten geschnitten hatte, die auf zwei Aufnahmen beruhten).
Nur hatte ich es diesmal mit etwa 50 Video-Aufnahmen und diversen Tonspuren zu tun, was ich zum Zeitpunkt meiner Zusage nicht wusste.
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Seit der Arbeit an meiner Habilitationsschrift, die etwa anderthalb Jahre vor ihrem Ende durch den Tod abbrach, habe ich nicht mehr einen geschlagenen Monat hindurch so konzentriert an einem Projekt gearbeitet wie nun.
An der Habil arbeitete ich nach der Themenfindung und -präzisierung etwa fünf Jahre lang immer wieder monatelang (nicht konstant, es galt ja unter anderem auch, an der Uni zu lehren, vergeblich die Vernichtung der Geisteswissenschaften an jener Uni abzuwenden, Vorträge zu halten und Drittmittel einzuwerben) ähnlich konzentriert wie jetzt, da nach all der Zeit erstmals wieder an dieser Video-Bearbeitung.
– Von der ich im Gegensatz zu meinem Habil-Thema nicht die geringste Ahnung habe, weil ich noch nie Videos bearbeitet bzw. geschnitten habe.
Ich schweige hier heute über meine einstige Arbeit und über diejenige, die ich einst war.
Aber dieses „Primärerleben von Existenz“ durch die eigene Arbeit, dieses Ganz-in-der-Welt-Sein – und zwar nicht nur im Moment heiliger Erkenntnis oder hoher bis höchster Erlebnisintensität, wie ich es auch von körperlicher Arbeit oder dem Dichten minuten-, höchstenfalls tageweise kenne –
nun wochen- und monatelang zu erleben,
das kannte ich bislang nur aus meinem Leben#1.
Kenne aus dieser Zeit das Vergessen des Essens. Das Ignorieren des Schlafes. Das „So nicht! Noch einmal von vorn!“. Kenne diesen genauen Blick
– der sich doch jetzt auf völlig andere Dinge als damals richtet!
Das ist ein In-der-Welt-Sein, das mir damals in bestimmten Situationen zugänglich war, und nun ist es – bei einer völlig anderen Tätigkeit – wieder da.
Ich freue mich darüber.
(Und überlege gerade: Die Tätigkeit da jetzt ist zweifelsohne eine völlig andere. Statt mittelalterliche und frühneuzeitliche Texte und manchmal auch Bilder in den Blick zu nehmen, um einen Fragenkatalog zu ihrem Verständnis zu entwerfen, schneide ich ein Video, an dessen Zustandekommen neben drei anderen Personen ich mitbeteiligt war.
Der ‚Gehalt‘ der Tätigkeit aber ist keinen Deut anders!
Mir war es damals wichtig.
Und mir ist es heute wichtig.
Heute noch viel wichtiger. Denn damals ging es nur um einen winzigen Teilbereich einer universitären Disziplin [war mir damals klar]. Heute geht es
vielleicht ums Ganze, jedenfalls um mehr um als mittelalterliche Narratologie.)
Mögen die letzten Arbeitsschritte gelingen. Möge die Technik durchhalten.
Denn die drei Kassandras haben einen kassandrischen Film für und über diese Zeitläufte gemacht!
Und bald wird es Ausschnitte daraus als street art performance geben, wie es den drei Kassandras gemäß ist.
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Inmitten all-
en Grauens
keimt
wieder und wieder und wieder
ein Halm, ein Stengel, dann ein Blättchen aus der Wurzel
zu und von allem:
der Frage.