„Man kann nicht nicht begehren.“ Nein?
Manchmal wird selbst mein Zwerchfell ganz schlaff.
Nur reicht die Zeit nicht, vorerst.
Das Ferienende dachte ich angemessen mit einer Faulheitsorgie zu begehen.
Auch das aber war wieder nur ein Denk(- und Tuns)fehler. (Immerhin habe ich keine Rückenschmerzen davongetragen.)
Gezeigt hat mir das nur erneut: Solange ich ich bleibe, gibt es keinen Weg da heraus, und wenn ich mir fremd werde, gibt es gar keinen Weg mehr.
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Neuerdings höre ich den Satz „Du kennst das ja alles“ – und ich schreie: NEIN! Doch ich weiß: auch das hört keiner.
Seitdem die Nachbarin im zarten Alter von knapp 70 gestorben ist, sagen mir alle, wenn sie über den Witwer sprechen, und sagt mir der Witwer selbst, wenn er über sich spricht: „Du kennst das ja alles.“
NEIN!
Ich weiß nicht, wie das ist, wenn der Lebensmensch zwanzig Jahre älter als meiner werden durfte.
Ich weiß nicht, wie das ist, wenn der Lebensmensch nur ein paar wenige Wochen – und noch dazu völlig indifferent (Gastritis, Colitis, sonstwas -itis?) – ein wenig vor sich hin leidet und dann stirbt.
Ich weiß nicht, wie das ist, wenn man sich um die Beerdigung des Lebensmenschen kümmern muss, denn ich war erst am Grab wieder zugegen.
Ich weiß nicht, wie das ist, wenn man vier Wochen nach dem Tod des Lebensmenschen über Urlaubspläne nachdenkt, denn seit unserem Tod gibt es keinen Urlaub mehr.
Dieser Nachbarstod radiert also noch einmal über uns – den Lebensmenschen und mich – rüber. Denn es wird behauptet, dass ich das alles kennte, was mir indes vollkommen fremd ist.
Wieder einmal machen Unbedarftheit, Gutmeinen und die Unfähigkeit des Ausblicks über sich selbst hinaus, dass gemacht werden soll: ‚Nie hat es den Lebensmenschen und mich gegeben.‘
(Das wäre in meinem Falle zweifelsohne auch besser.)
Nur HAT es uns gegeben.
Und ich habe Stacheln, Zacken, Messer und Glassplitter in meinem Fell.
Ich habe sie jetzt alle aufgestellt.
{ Zeitung lesend frage ich mich, welche irrsinnigen Kapriolen des Menschen Geist eigentlich noch schlagen soll? Fast 40 Grad in Sibirien. – Und wir fürchten „Corona“? }