„Zeugnis-Ablegen bis zum letzten.“ (Victor Klemperer)
Ja, ich kenn’ das.
Ich weiß, wie sich das anfühlt und ausnimmt.
Irgendwann am allerletzten Ende des Wahnsinns sieht man der Hoffnung und der Verzweiflung und ihren jeweiligen Gründen sehr genau zu.
Wesentlich mehr aber macht man dann nicht.
Dem geht die Phase der ‚Wahrnehmungsfindung‘ voraus. Alles – Augen, Ohren, Nase, Zunge, Tastsinn und auch das Außer denen, das dann da ist – geht in diesem Notfall-Modus auf Empfang. Und empfängt und filtert extrem raus, aber empfängt. Und filtert raus. Und empfängt. Und filtert. Und empfängt.
Ich kenne das.
Ich habe eben die beiden Fotos meines Lebensmenschen, die auf und neben meinem Schreibtisch stehen, umgedreht: Ich sehe ihn jetzt.
Eine hat einmal gesagt: „Der blickt einem ja direkt ins Herz“, als sie das eine Foto gesehen hatte. – Ja. Tut er. Tat er. Und tut er auf dem Foto immer noch.
Und ‚normalerweise‘ sehe ich die Rückseite dieser beiden Fotos an, wenn ich auf sie blicke.
Weil er mir, wenn ich sie umdrehe, mitten ins Herz blickt. Und ich ihm.
Und das Herz dann stehen bleibt. Am 12.11.10. und zu jeder Stunde, in der der Vorhang reißt.
Ich weiß also, wovon ich spreche:
Irgendwann am allerletzten Ende des Wahnsinns sieht man der Hoffnung und der Verzweiflung und ihren jeweiligen Gründen sehr genau zu.
Wesentlich mehr aber macht man dann nicht.
Zuvor jedoch, vor dem allerletzten Ende, da macht man fast alles. Man sieht nicht zu, man macht.
Da bin ich jetzt wieder.
Doch nun in einem Schrecken biblischen Ausmaßes, während es vor elf Jahren eine persönliche Katastrophe war.