„Zeugnis ablegen bis zum letzten.“ (Victor Klemperer)
Erstmals hörte ich die Oper als studentische Hilfskraft dank der Bemühungen einer Vorgesetzten, mir das kulturelle Wunder & menschliche Ressourcenpäckchen namens „Oper“ zugänglich zu machen (danke dafür an K.K., mit der mich seit Sterben&Tod freilich nichts mehr verbindet).
Zum zweiten Mal hörte ich sie 2018, als ich begonnen hatte, dem witwesken Eisbären dieses Wunderpaket selbst wieder zu öffnen; zum dritten Mal hörte ich sie noch im selben Jahr, nur in ‚meinem‘ Opernhaus; und jetzt, jetzt habe ich sie zum vierten Mal dortselbst gehört.
Und gemerkt, dass Gottfrieds „Tristan“ mir weit deutlicher im Kopf ist als Wolframs „Parzival“, obwohl ich im Gegensatz zu ersterem zu letzterem sogar einmal ein Seminar durchführte, vor langer Zeit in einer anderen Welt.
Dass Liebe und Tod ineinandergleiten,
dass, wer liebt, Unendlichkeit wünscht und damit den Tod,
dass im Tod, genauer: im Moment des Sterbens manchmal die Liebe ANZUFASSEN ist,
und dass nach dieser Berührung auf der Haut ein Eisbärenfell wächst,
sofern man das überlebt
– ja. Nicht schön, aber: ja, passiert.
Mir war heute da in der Oper die ganze Zeit völlig klar, dass mein toter Lebensmensch auch als lebender Lebensmensch dorthin nie mitgekommen wäre (Klassik viel lieber als ich damals, Oper kategorisch nicht). Vermutlich fühle ich mich deshalb in der Oper auch immer unverletztlicher als in der Philharmonie oder dem Kammermusiksaal oder anderen Spielorten Klassischer Musik in dieser Stadt.
Und er war trotzdem da.
In dieser Oper, in diesem ungeheuerlichen Akkord und in diesen Sanktuarien der Stille.