Begegnungen, Berührungen

„Zeugnis-Ablegen bis zum letzten.“ (Victor Klemperer)

Markt der Demokratie

Weil das, was ich an Polizei-Agitation auf dem „Markt der Demokratie“ am 27.11.21 erlebte (und das, was ich dort an BesucherInnen-Aufkommen nicht erlebte – und das hatte nichts mit dem Nieselregel, sondern alles mit der teutschen Trägheit zu tun), so verstörend und zermürbend ist, dass ich davon heute nicht berichten möchte,
berichte ich von etwas Anderem.

Da ist das Lied „Screw your Kabarett“ von Tom Hake, das dieser Universalmusiker und Musikkabarettist mir gestern zur Weltpremiere ins Witwesk sandte.

Da war gestern ein extrem leckerer Käsekuchen und die sich um ihn herum, der derweil immer kleiner wurde, großflächig und tiefgehend entfaltenden Gespräche in einem Berliner Wohnzimmer, in das ich erstmals eingeladen war und in dem sich doch vieles völlig vertraut einfach so ergab – meinen Dank an S. und Artur und https://www.corodok.de/, das uns zueinander und mich zu diesem wirklich köstlichen Käsekuchen führte.

Und da war schon vorgestern im Blog von Clemens Heni die Entdeckung der „Humanität des Herzens“: einer Partie im mir noch unbekannten Montaigne-Buch Stefan Zweigs, das dieser im brasilianischen Exil verfasste.
Clemens Heni zitiert daraus:
»In solchen Epochen, da alles, was unser Dasein reiner, schöner, berechtigter und sinnvoll macht, da unser Friede, unsere Selbständigkeit, unser eingeborenes Recht aufgeopfert werden der Besessenheit eines Dutzends von Fanatikern und Ideologien, münden alle Probleme für den Menschen, der seine Menschlichkeit nicht an die Zeit verlieren will, in ein einziges: wie bleibe ich frei?
Wie bewahre ich trotz aller Drohungen und Gefahren mir inmitten der Tollwut der Parteien die unbestechliche Klarheit des Geistes, wie die Humanität des Herzens unverstört inmitten der Bestialität? Wie entziehe ich mich den tyrannischen Forderungen, die Staat oder Kirche oder Politik mir wider meinen Willen aufzwingen wollen? Wie wehre ich mich dagegen, nicht weiter zu gehen in meinen Mitteilungen und meinen Handlungen, als mein innerstes Ich innerlich will?
Wie entziehe ich diese einzige, einmalige Parzelle meines Ich, die in einem einmaligen Winkel mir das Weltall spiegelt, gegen die Einstellung auf das reglementierte und das von außen dekretierte Maß? Wie bewahre ich meine ureigenste Seele und ihre nur mir gehörige Materie, meinen Körper, meine Gesundheit, meine Nerven, meine Gedanken, meine Gefühle vor der Gefahr, fremdem Wahn und fremden Interessen aufgeopfert zu werden?«

Zweig entdeckt in Montaigne einen Seelenverwandten und in dessen Zeit einen Spiegel der eigenen. Mit Clemens Heni entdecke ich nun in Zweig einen Seelenverwandten und in dessen Zeit einen Spiegel der eigenen.
Und ich empfehle dringend, nicht nur Zweig, sondern auch Heni zu lesen.

Drei Begegnungen mit Menschen, deren „unbestechliche Klarheit des Geistes“ und „Humanität des Herzens“ mich witwesken Eisbären unterm Fell, auf meiner Haut berührt haben.

So, wie mich gestern beim „Markt der Demokratie“ die Begegnungen mit allen Menschen berührt haben, die dort im alsbald einsetzenden Niesel- bis Normalregen und unter Maskenzwang im Freien [sic!!!] ihre Initiative vorstellten oder die uns dort besuchten – und die sich allesamt von der auf brutale Eskalation getrimmten Berliner Polizei nicht zernichten ließen.

Hier ist Platz für Ihren Kommentar. (Ich werde ihn lesen.)