Geschafft

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Und das ist eine Ranukel wert!

Ein tatsächlich Wunder-volles Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist ergangen.

Und meine drei Dauer-DaZel-Wochen liegen hinter mir: Ab Montag ist die mir sehr lieb gewordene Kollegin wieder da; das freut mich heftig. (Und entlastet ungemein, nicht zuletzt weil ich im März mehrfach Vormittagsvertretungen übernommen habe; auch um die vom Bamf gestatteten Abschläge vom offiziellen „Mindesthonorar“ [sic!] wegen der zu niedrigen Teilnehmerzahl in meinen letzten beiden Modulen auszugleichen.)
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Mit dem Suizid-Urteil hätte ich nie gerechnet. Und schon gar nicht damit, dass das Verfassungsgericht die Aufhebung des unsäglichen Suizid-Verbots, das die rd. 700 Abgeordneten des deutschen Bundestages in all ihrer Selbstüberschätzung über die rund 83 Millionen Menschen in diesem Land verhängt hatten, ausweitet von sogenannten Todkranken auf alle Menschen: ALLE!
Natürlich – und das sieht ja auch Karlsruhe vor – wird diese erstmals hierzulande (höchst-)institutionell anerkannte Freiheit zum Suizid eingehegt werden (müssen) durch Rechtsvorschriften (Fristen, Zwangsberatung etc.). Dennoch handelt es sich bei diesem Urteil um einen Paradigmen-Wechsel:

Eins der letzten, nunmehr 2000 Jahre alten Joche christlicher Knechtschaft ist verwittert und uns jetzt vom Hals gefallen!
Nachdem wir schon seit rund 150 Jahren wissen, dass Gott tot ist, müssen wir uns nun endlich nicht mehr als Spielstein auf dem Mensch-ärgere-Dich-nicht-Brett der Kirchen (also der selbsterklärten Sachwalter Gottes, die bis heute in unsere „säkulare Kultur“ hineinregieren) fühlen, müssen nicht mehr den gesamten Weg über’s Brett passieren, um ins Ziel zu gelangen, sondern dürfen vorher auf einem Punkt unserer Wahl stehenbleiben, umfallen, verwesen, also gänzlich aufhören mit dem Wesensein (und Gewesemachen).  – Und das ab jetzt, ohne von Zügen zermalmt, von Stricken erstickt, von Tabletten zermörsert zu werden, sondern: tatsächlich „sanft entschlafend“!

Nie hätte ich mit einem solchen Urteil gerechnet. Und ich freue mich sehr.

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Eher hätte ich damit gerechnet, das mit dem neuen Kurs jetzt zu schaffen – und so zu schaffen, wie ich es nun tatsächlich geschafft habe: gut.
{ Ja. Gut geschafft und gut gemacht, Witwe! }

Würde diese Arbeit anständig statt sittenwidrig bezahlt werden, könnte ich mich mit dem Beruf allmählich sogar ein wenig identifizieren. Solange aber Integrationskurs-Dozentinnen (es sind fast nur Frauen), für die ein akademisches Studium und etwaige Zusatzqualifikationen vorgeschrieben sind, ein Netto-Salär knapp über dem Niveau ungelernter HilfsarbeiterInnen beziehen, werde ich mich mit diesem Beruf nicht identifizieren können (aber ich übe ihn ja auch nur nebenberuflich aus …).
– Das allerdings mindert nicht meine immer wieder vorhandene temporäre Freude an der konkreten Tätigkeit und schon gar nicht mein permanent vorhandenes Verantwortungsgefühl den Menschen in den Kursen gegenüber, die ja für die gesellschaftliche Missachtung nichts können (davon auch meist gar nichts wissen), die auch dieser „Frauen“-Beruf hierzulande erfährt.
Gleichwohl wächst meine Wut: Dass Integrationskurs-Dozentinnen mit etwa 10-15 Euro netto abgespeist werden (inklusive der unbezahlten Vor- und Nachbereitungszeiten, der unbezahlten Krankheitszeiten, der unbezahlten Urlaube), IST SCHLICHT EINE UNFAIRE SAUEREI!

Warum diese unfaire Sauerei aber funktioniert, bis heute funktioniert, habe ich gerade diese Woche wieder im Gespräch mit Kolleginnen erfahren:
„Och, mir ist das mit den Teilnehmerzahlen grad egal, ich hab so viel im Zweitjob um die Ohren [und einen normal verdienenden Mann zu Hause].“
„Nee, das Honorar ist nicht so wichtig für mich, ich hab so viel Spaß an der Arbeit [und einen gut verdienenden Mann an meiner Seite].“
„Ich möcht’ so gern was zurückgeben von dem, was ich selbst hier bekommen habe, da ist mir das mit dem Geld nicht so wichtig [auch hier wieder: normal verdienender Mann im Hintergrund].“

– Mich macht auch das sehr wütend: dieses typische Weibchensein und diese Perspektive, die nicht einen Millimeter über den eigenen Bauchnabel hinaus kommt (‚Bei mir ist das so und so, und es ist mir völlig egal, wie das bei anderen ist, und erst recht, ob es ein strukturelles Problem ist – was ist das überhaupt?!‘)!
Kolleginnen, die keinen normal oder gar gut verdienenden Mann zu Hause haben, äußern sich demgegenüber oft kritisch zur Bamf-Honorarpolitik; aber auch nur oft, und auch dann meist nur verhalten.

Ich bin ein witwesker Eisbär: Ich mag – bis auf wenige Ausnahmen – weder Frauen noch Männer sonderlich; erstere aber finde ich meist noch etwas unangenehmer als letztere. Ob das fair ist, weiß ich nicht: Vielleicht verstehe ich sie nur besser, weil ich mit ihnen mehr zu tun, und vielleicht auch gemein, habe.

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