„Zeugnis ablegen bis zum letzten.“ (Victor Klemperer)
Heute, nein: schon wieder gestern, habe ich meinen alljährlichen Frühjahrputz endlich beendet. Diesmal hat das länger gedauert als sonst.
Weil ich älter werde und nicht mehr so kann wie früher, Schmerzen bekomme (aber das kann auch einfach meiner Faulheit geschuldet sein – ich sollte mich so bewegen wie einst; derzeit steht dem physisch noch nichts entgegen).
Und weil ich bei einer Urnenbeisetzung eines mir ehemals sehr bedeutsamen Menschen zugegen war, und weil ich dort auf einen anderen, mir einst
– ebenfalls vor sehr, sehr langer Zeit –
bedeutsamen Menschen traf, und diese mich nicht überraschende Situation doch gedanklich und emotional fordert.
Heute (also kalendarisch gestern) aber bin ich dann doch mit dem Frühjahrsputz fertig geworden.
Ob es daran lag, dass ich, derweil ich jedes Bücherregal auswischte (und all unsere Bücher im händischen Pack in meiner Hand hielt) und jedes der Doppel-Kastenfenster putzte, eine jede Diele ölwischte und die Schränke aus, im Bad das Schränkchen neu lackierte, die abgeplatze Wandfarbe überm Fliesenspiegel ebenfalls und mich während all dieser Putztage daran erinnerte, wie der Lebensmensch und ich diese Wohnung (die nun so ganz anders aussieht, und doch immer noch für ihn erkennbar wäre) in all ihren Quadratzentimetern für uns vorbereiteten, die wir nur wenige Monate darin leben durften – ob es nun also daran lag, oder daran, dass seit seinem und unserem Tod (er ist gestorben und wir als Paar sind gestorben, deshalb ist es nicht nur sein Tod, sondern unserer) so viel Grauen über die Welt gekommen ist, dass selbst ich es bemerkte und etwas dagegen tun musste –
ob es also daran lag, weiß ich nicht. Aber in mir ist ein Text im Entstehen (und damit etwas am Sagbarwerden), ein kleiner, der mit tod&trauer zu tun hat.
Dazu trägt diese Wohnung bei.
Sie, die unser Zuhause hätte werden sollen, ist nun meins geworden; in oder nach mehr als 13 Jahren seit seinem und unserem Tod das geworden. Und er, mein toter Lebensmensch, ist hier, ganz entfernt dem ähnlich, wie es einst der Schellenengel in unsren beiden Wohnungen war.
Lipschitz, Liebster!
{PS: Dieses von der Gattung „Mensch“ selbst gezüchtete Menschheitsversagen namens „Corona“ und „Corona-Maßnahmen“ senkt sich nach wie vor über mich – als sei es grauenvoller als Dein Tod.
Welche Anmaßung!
Jeder Tod ist in seiner für uns Lebende unfasslichen Macht nur einmal – wie jedes Leben.
Und das gilt erst recht für jeden Menschen, der in einem Krieg stirbt, den die „Herrschenden“, ohne sich je selbst in Gefahr zu bringen, betreiben.}