Gedanken über den Tod und die Freiheit

„Zeugnis ablegen bis zum letzten.“ (Victor Klemperer)


Irgendwann wiederholt sich alles.
Nach dem Sterben waren der Lebensmensch und ich im Tod – wenn auch in verschiedenen „Zuständen“ dortselbst.
Meiner war so etwas wie ein Nicht-ganz-Tod. (Verzeihung für diese behelfsmäßigen Begriffe – es ist eigentlich nicht zu sagen.)

Nie war ich so frei wie in jenen Jahren.
Es gab nichts, was mir noch „peinlich“ hätte sein können.
Nichts, das mich noch hätte überraschen können.
Nichts, das ich noch hätte erleben wollen.

Doch entgegen allem – aller Logik und allem Sinn – lebte ich weiter. Gewöhnte mich daran. Und wurde wieder unfrei.
Dann kam „Corona“.
Und es erwies sich, dass ich mich geirrt hatte: Unser Sterben & der Tod waren NICHT das größte Grauen gewesen, das ich je erlebt hatte.
– Das größte Grauen meines Leben war die Abkehr der bundesrepublikanischen Gesellschaft von allen Werten, mit denen ich aufgewachsen war und die im GG standen:
Menschenwürde, individuelle Selbstbestimmung, Meinungsfreiheit.
Sie galten plötzlich zwecks Volkskörper-Gesundheit, Politiker-Machtrausch & Pharmamilliarden NICHTS mehr.

Im Angesicht dieses UNSAGbaren Grauens (das Sterben & den Tod hatte ich zu SAGEN versucht!) wurde ich noch unfreier: Ich MUSSTE kämpfen, denn ich hatte mir geschworen, nie wie meine Großeltern zu werden. Und ich kämpfte.

Jetzt, da angeblich 300.000 Menschen in einer Stadt in der BRD „auf die Straße gehen“:
mit der Regierung, die die schlimmsten GG-Einschränkungen mitzuverantworten hat (wie auch die Vorgängerregierung, an der Teile der akutellen mitgewirkt haben);
gegen die Opposition, die ich wahrlich zum Fürchten finde, aber bislang nicht undemokratisch oder GG-widrig (als Partei nicht; was Einzelpersonen in dieser Partei angeht, finde ich die z.T. durchaus undemokratisch und GG-widrig!),

jetzt angesichts der 300.000, die NICHT „AUF DER STRAßE“ WAREN, als über 300.000 Menschen hierzulande auf Regierungsanordnung allein sterben mussten und Millionen Kinder durch Teststäbchen jahrelang Dauerpenetrationen ausgesetzt waren und Millionen Erwachsene aller gesellschaftlicher Teilhabe beraubt worden waren,

jetzt komme ich langsam wieder in jener Freiheit an, die ich aus der Zeit des Todes kenne.

Es ist die Freiheit des völligen Egal.
Es ist die umfänglichste Freiheit, die ich je erlebt habe.
Vermutlich ist es die einzige Freiheit, die es gibt.

(Mein Versprechen meinen Großeltern gegenüber habe ich nun auch eingelöst: Ich bin nicht so geworden, wie ihr wart. Ihr bindet mich nicht mehr.)

Vom Verlorengehen

„Zeugnis ablegen bis zum letzten.“ (Victor Klemperer)

Mir geht etwas verloren – vielleicht ist es auch schon fort –, und das bedrückt mich.
Mir geht die Kraft verloren.

Als vollausgebildeter witwesker Eisbär hatte ich so unglaublich viel Kraft in mir.
Ich konnte erst Gedichte und Romane schreiben, später dann politische Arbeit leisten, konnte mit anderen Menschen zusammen Ideen für ein allen Menschen zuträgliches Zusammenleben entwickeln, konnte eine Web-Zeitung redigieren und mit eigenen Beiträgen unterstützen, konnte für das Gemeinwohl und gegen die herrschenden Eliten und ihre Regierungen demonstrieren und eigene Demonstrationen dazu organisieren, konnte Reden schreiben und halten, performances mit anderen oder allein entwickeln und aufführen, konnte aufklärerische Rundbriefe zusammenstellen und verschicken. Und noch viel mehr.

Jetzt ist mir diese Kraft fast völlig verloren gegangen.

Sie wurde zerrieben vom autoritären Regime, was (nicht nur) in der BRD während der Corona-Jahre herrschte:
von den menschenfeindlichen und demokratiezerstörenden Regierungsentscheidungen dieser Zeit, die von machtsüchtigen WissenschaftlerInnen und JournalistInnen befeuert und von ebenso korrupten StaatsanwältInnen und RichterInnen aufrechterhalten wurden (und bis heute werden),
und sie wurde zerrieben durch die faschistoide Zustimmungsbereitschaft der Bevölkerungsmehrheit, die akzeptierte, dass die wesentlichen Menschenrechte im Grundgesetz jahrelang für ungültig erklärt wurden; dass eine Menschenminderheit aufgrund ihrer genetischen Andersartigkeit (wegen der Verweigerung einer experimentellen Gen-Therapie in Gestalt mehrerer Spritzen) aus dem gesellschaftlichen Leben weitgehend ausgegrenzt wurde; und die sich aktiv an der verbalen, polizeiknüppligen und per Ordnungswidrigkeitsstrafen betriebenen Hetzjagd auf diese Minderheit beteiligt hat.

Irgendwann währenddessen und danach ging mir meine Kraft auch verloren, weil ich – ohne davon überrascht zu sein – sah, dass auch viele von denen, die jener Menschenminderheit angehören (welche sich als „der Widerstand“ zu titulieren bemüßigt fühlt), genauso denken und handeln wie die Menschenmehrheit:
dass auch sie faschistoide Denkweisen praktizieren: zum Beispiel Autoritätskult und entsprechende Unterwerfungsbereitschaft, Ausgrenzungsfanatismus und Hetzjagdgelüste auf Minderheiten.

Wie soll ein witwesker Eisbär Kraft haben, für das Gute im Menschen zu arbeiten, für die Aufklärung (und die nahtlos zu ihr gehörige Erkenntnis ihrer Dialektik), wenn das, was er seit fünf Jahren erlebt, ihm fast immer nur sagt,
dass es kein Gutes im Menschen gibt und dass das Projekt Aufklärung&ihre Dialektik gescheitert ist?

Die wenigen Erlebnisse, die mir sagten und nach wie vor sagen, dass es das sehr wohl gibt und dass dieses Projekt nicht gescheitert ist – sie werden immer weniger.

Und ja: Ich selbst weise mich ja darauf hin, dass das, was seit Jahrtausenden läuft, nämlich das Projekt Aufklärung&ihre Dialektik, nicht binnen einer Generation auf jenes Level gebracht zu werden vermag, ab dem es wirklich in jedem Menschen beginnen kann. Ich schelte mich, weil ich so dumm bin, das zu wollen, ich lache über mich und meine riesengroße Ungeduld.

Nur geht mir meine Kraft verloren.

Tristan und Isolde # 4

„Zeugnis ablegen bis zum letzten.“ (Victor Klemperer)

Erstmals hörte ich die Oper als studentische Hilfskraft dank der Bemühungen einer Vorgesetzten, mir das kulturelle Wunder & menschliche Ressourcenpäckchen namens „Oper“ zugänglich zu machen (danke dafür an K.K., mit der mich seit Sterben&Tod freilich nichts mehr verbindet).
Zum zweiten Mal hörte ich sie 2018, als ich begonnen hatte, dem witwesken Eisbären dieses Wunderpaket selbst wieder zu öffnen; zum dritten Mal hörte ich sie noch im selben Jahr, nur in ‚meinem‘ Opernhaus; und jetzt, jetzt habe ich sie zum vierten Mal dortselbst gehört.
Und gemerkt, dass Gottfrieds „Tristan“ mir weit deutlicher im Kopf ist als Wolframs „Parzival“, obwohl ich im Gegensatz zu ersterem zu letzterem sogar einmal ein Seminar durchführte, vor langer Zeit in einer anderen Welt.

Dass Liebe und Tod ineinandergleiten,
dass, wer liebt, Unendlichkeit wünscht und damit den Tod,
dass im Tod, genauer: im Moment des Sterbens manchmal die Liebe ANZUFASSEN ist,
und dass nach dieser Berührung auf der Haut ein Eisbärenfell wächst,
sofern man das überlebt
– ja. Nicht schön, aber: ja, passiert.

Mir war heute da in der Oper die ganze Zeit völlig klar, dass mein toter Lebensmensch auch als lebender Lebensmensch dorthin nie mitgekommen wäre (Klassik viel lieber als ich damals, Oper kategorisch nicht). Vermutlich fühle ich mich deshalb in der Oper auch immer unverletztlicher als in der Philharmonie oder dem Kammermusiksaal oder anderen Spielorten Klassischer Musik in dieser Stadt.

Und er war trotzdem da.
In dieser Oper, in diesem ungeheuerlichen Akkord und in diesen Sanktuarien der Stille.

weiterhin (und immer drängender ob der Zeitläufte) die sinnlose Frage

„Zeugnis ablegen bis zum letzten.“ (Victor Klemperer)

Alle leben noch. Alle Paar-Partner, alle Kinder von denen – soweit ich weiß. Sind ein paar Eltern verstorben, mit über 80, über 90.

Selbst ich lebe ja noch.

Fio ist tot. Seit über 14 Jahren. Mit knapp 47.

Alle leben noch, außer ein paar über 80, über 90 Jährige.
Egal, was für schlechte Menschen sie sind. Alle leben noch.

Fio ist tot.

weiterhin die sinnlose Frage …

Ein Letztes Loslassen

„Zeugnis ablegen bis zum letzten.“ (Victor Klemperer)

Eine letzte Übung im Loslassen dessen, was für die Mehrheit der Menschen unendlich wichtig ist, kam in diesem Frühjahr bei mir an und wird nun endlich in Kürze ihr Ende finden.
(Eigentlich hatte ich das schon getan, dieses Loslassen, wusste freilich die ganze Zeit, dass da noch etwas sich ereignen müsse, bevor ich endgültig daran gehen könne. Das ist nun eingetreten.)

Bei dieser Übung wiederholt sich für mich die Erfahrung, dass die Ungerechtigkeit immer durchgesetzt wird, und zwar von den unanständigen Menschen.

Manchmal sind Enden einfach herrlich! Denn auch wenn wieder die Ungerechtigkeit und die unanständigen Menschen sich durchgesetzt haben: Jetzt ist da, in dieser einen Sache, für die finis!

Bin ein Wittib blauundgrün, tanze in ein Sonnenrot
rolle mich entspannt darein und lach’ den Kieseln Atem zu.

14. Todestag – länger als ein Leben

„Zeugnis ablegen bis zum letzten.“ (Victor Klemperer)
Das Fehlen

Er ist vorbei. Der 14. Todestag. Vom Lebensmenschen. Und von uns.
Jetzt ist der Lebensmensch schon ein paar Tage länger tot, als wir beieinander waren.
Ich hoffte, diesen Tag nie erleben zu müssen.

Einst hoffte ich, mit ihm zusammen sterben zu können.
Dann hoffte ich, nicht älter zu werden als er.
Danach habe ich irgendwann alle Hoffnung verloren.

Das ist gut so in Zeiten wie diesen.
Ich bin froh, keine Hoffnung mehr zu haben. So bleibt mir ein Dasein ohne Haut oder – je nachdem, wie ich mich in meinem Sein und seiner Geschichte drehe und wende – eins mit ganz dickem Eisbärenfell.

Jedenfalls ist es gut, keine Hoffnung mehr zu haben, denn Hoffnung ist Erwartung in eine Zukunft hinein, und ich bin lieber offen für alles, durchlässig für viele der nunmehr normal gewordenen Zumutungen (die zu Lebzeiten des Lebensmenschen noch unvorstellbar waren), und in mir, wenn es unerträglich wird.

Er ist nun länger tot, als wir zusammen waren.
(Ich bin mittlerweile in mir, wenn es unerträglich ist. In mir habe ich mir die Fragen verboten. Ich liege still da. Und von außen trommeln meine Fäuste auf meinen Schädel ein. Aber nunmehr trommeln die nur noch als ferne Vorstellung darauf ein, als haspelnd-hakender Zelluloid-Film-Schnipsel in Sepiagelb, denn Ichbinmittlerweileinmir.)

Lobschrift auf den Schnupfen

„Zeugnis ablegen bis zum letzten.“ (Victor Klemperer)

Seit über 15 Jahren habe ich nun meinen ersten richtigen Schnupfen. – Nein: keine Klage, eine Feststellung.
Und die Frage: Haben mich die letzten vier, bald fünf Jahre so zermürbt, dass der witweske Eisbär, der ich seit bald 14 Jahren bin, Infekte nicht mehr wegbeißen kann?
Er tat’s all die bald 14 Jahre nach dem Tod (und ein paar davor tat die, die ich da war, das auch). Doch in diesem Frühjahr schon ein erstes leichtes Schnüpperchen. Jetzt also ein echter grippaler Infekt, wie einst. – Nein: keine Klage, nur eine Feststellung.

Was sollte ich auch beklagen? Ich gehe arbeiten, weil es nur mein Schnupfen ist, mein Husten, meine in den oberen Atemwegen kratzigen Nächte.
Warum sollte ich Menschen meine Arbeitsleistung entziehen, Menschen, die darauf angewiesen sind, weil alle gespritzen KollegInnen stets bei Krankheit nach „Vertretung“ schreien und sich Deutsch nicht lernt mit ständigen Pausen wegen LehrerInnen-Ausfalls?
Ach, und ein Letztes zum Thema „Klagen“ noch: Im System der Integrationskurse bin ich ja „selbstständig“ (obwohl dem Bamf und seinen Regelungen vollkommen unterworfen …), also bekomme ich kein Geld, wenn ich nicht im Kurs bin.

– Doch all das ist es nicht!
Die Arbeitsbedingungen sind zwar gottverdammt schlecht (wo auch nicht unterhalb von 50.000 € Einkommen?!). Aber das ist es jetzt nicht, was mich umtreibt.
Mich treibt mein Schnupfen um.
Und die Tatsache, dass ich es völlig normal finde, damit zur Arbeit zu gehen.
Das habe ich damals in Leben Nr. 1 getan (vor mehr als 14 Jahren; und meist hatte ich meinen Schnupfen da im Urlaub).
Und das tu ich jetzt: Mit Schnupfen arbeiten. Weil ich weiß: Ad hoc hängen da jetzt Menschen dran, dass ich komme und unterrichte, also arbeite.
Und weil ich weiß: Ich hab zwar Schnupfen und huste auch gehörig, aber das ist nicht schlimm. Da muss keine Staatsmutti kommen und mich beheitschibumbeitschern (und mir einreden, wie schlecht es mir doch ginge und was für ein armer Tropf ich doch sei …). Ich hab das meiner Mutter untersagt, als ich 9 war.
Kranksein gehört zum Leben. Wenn’s ganz arg kommt, ist eine Krankschreibung völlig okay (für die, die die Möglichkeit haben – haben ja nicht alle). Aber bitte nicht bei Pippifax wie Schnupfen! Nein!
Einst dachte man nicht darüber nach, auf der Arbeit jemanden „anzustecken“! Meine Schnupfen habe ich mir nie in Arbeitskontexten geholt und bin sicher, dass ich bei der Arbeit niemanden mit meinen Schnupfen angesteckt habe.
Wär’ schön, wenn wir langsam mal wieder zum WISSEN von „vor Corona“ zurückkämen. (Was wir währendessen erfuhren, war vorzivilisatorisches Schamanentum im Digitalzeitalter, aber kein Wissen, das sich zu erlernen lohnen würde!) Doch das ist ein vergeblicher Wunsch.
Unser – der „Alten“ – Wissen von „vor Corona“ ist in der Corona-Zeit krepiert. Jetzt sind nur noch Ich-ich-ich(und meinsmeinsmeins, z.B. die Familie), Unsicherheitspanik und gnadenlose Unbildung.

Wie die Unbildung über Schnupfen. Jo mei: Vorgestern und gestern war echt triefig und juckig (ohman, wenn Nase & Augen zugleich jucken, da möcht man nur noch heulen – und tut’s!). Heute, am Tag 7, merke ich: Er geht. Ganz wie immer an Tag 6 oder 7. Oder auch 8.
– Danke, dass du da warst, lieber Schnupfen! Hast mir gezeigt: Ich lebe noch: Mein Körper setzt sich mit Viren ins Benehmen, wie das lebende Organismen seit Jahrmillionen tun. Hast mir meine Verletzlichkeit gezeigt und mich kurz daran erinnert, dass ich sterben werde.
Danke, dass du da warst, lieber Schnupfen!

Und dass niemand arbeiten sollte, wenn er krank ist – himmelnochmal: ja!
Aber nicht, um die hypochondrischen Ängste zu schüren, die die Helikopter-Eltern wie Taurusraketen im narzisstisch auferzogenen Kinde versenkt haben, auf dass sie dort selbsttätig dauerfeuern. Und erst recht nicht, um den KapitalistInnen zu dienen, die derzeit dabei sind, die Menschheit in ihren ExponentInnen, den Menschen, zu vernichten.
Sondern um der Humanität willen. Um der Humanität willen sollte kein Mensch arbeiten müssen, der sich krank fühlt.
So einfach könnte das mit dem Schnupfen sein.

Mitten in den Jahrestagen

„Zeugnis ablegen bis zum letzten.“ (Victor Klemperer)

Und bis heute habe ich sie nicht gelesen; das war immer Nach-Habilitationslektüre, so wie die Hurtigruten die Nach-Habilitationsreise gewesen wäre, samt Nordlicht und einem Knistern der Welt bei unserm Kuss in ihrem Eis.

Ja, besonders schwer ist die Zeit, in der sich das Unsere ballt. Das ist so ab Mitte August bis Ende Dezember.
Da sind unsere Geburtstage, die uns je nie besonders bedeutsam waren, die aber für den je andern von uns durchaus bedeutsam waren.
Da waren unsere Urlaube – heilig mir bis heute (und ich habe so viel vergessen, weil du, Liebster, mir unser Elefantengedächtnis warst und wir darauf vertrauten und bestanden, beide).
Da ist unser Hochzeitstag.
Da ist der Tag lange zuvor am Jahresende, an dem wir uns vornahmen, es mit uns zu versuchen.
Da war erst mein Diss.-Abgabe- und dann, nur ein bissl später, Dein Diss.-Abgabe-Tag.
Da war der Tag der 1. Diagnose.
Da sind die Chemo-Tage und jene, an denen ich Deinen Port spülte.
Da war der Todesnachhall des Tages der 2. Diagnose (die selbst war vor den Jahrestagen).
Da sind die Tage, an denen wir begriffen, dass dieses Medizin-System eine einzige Verarschungs- und Geldscheffelmaschine ist.
Da waren noch viel mehr klarsichtige Tage.
Da sind unsere Verzweiflung, unser Sprachverlust, unsere Liebe.
Da sind Deine Schmerzen. Die ich immer nur ahnte.
Da ist Deine Angst. Die ich immer nur ahnte.
Da ist der Tag unseres Todes.

Jahreslanges Dunkel.

Das Schimmern einiger Töne, erst von Geigen, dann von Hörnern, Flügeln und Gesang.

Jetzt – und das ist völlig neu: seit bald 5 Jahren Kampf.
„Kampf“!
Das ist neu für mich.
Ich habe gelernt, gearbeitet, geliebt und ich wäre gern gestorben. – Nie aber habe ich „gekämpft“ – gegen WEN?! Meine Mitwelt, in der ich lernte, arbeitete, liebte und gern gestorben wäre?
Seit dem Frühjahr 2020 kämpfe ich:
für die Wahrheit und die Vernunft.
Dieser Kampf jährt sich bald zum 5. Mal.
Und nie empfand ich mein Tun (Lernen, Arbeiten, Lieben, Sterben) sinnloser als jetzt diesen bald fünf Jahre andauernden Kampf: Die Leute bleiben dumm.
~ ~ ~
Vorgestern, Fio, liefen X – meine einst „beste Freundin“ – und ich uns zufällig über den Weg (in meinem Kiez; ich dachte, die hätte ihre Arbeitsregion längst verlegt, sofern sie als mehrfach Gespritzte, die auch ihre Kinder mehrfach sich spritzen ließ, überhaupt noch am Leben wäre). Vorgestern – anders als vor zwei Monaten – blickten wir uns in die Augen: Die blickte weg. Ich nicht. Was mir immer noch nicht gelang, war, der laut zu sagen: „Du feige Mitläuferin, schämst du dich nicht?“
Die Leute bleiben dumm.
Auch ich.
Weil ich einfach aus Respekt schweige, statt meiner einst ‚besten Freudin‘, die mir zufällig über den Weg läuft, endlich zu sagen, was ist: „Du feige Mitläuferin, schämst du dich nicht?“