Vielleicht daher dieses mein Kotzen – oder: Gedanken eines witwesken Eisbären zum sogenannten zweiten harten Lockdown

Mir – mit 43 Jahren Witwe geworden (der verstorbene Lebensmensch wurde knapp 47 Jahre alt) – wurde damals und wird bis heute, wenn ich es ‚wage‘, diesen Tod zu sagen, von allen Seiten hoch und runter gebetet (auch und gerade von Agnostikern und Atheisten), dass der Tod zum Leben gehöre.
Dass ich ihn doch also gefälligst als einen irgendwie ja auch guten Teil des Lebens endlich anerkennen müsse.
– Dabei habe ich das längst. Und das schon lange, bevor er so grauenvoll das Leben des Lebensmenschen und meins und unseres abwürgte.

Jetzt aber, jetzt leugnen seit neun Monaten alle, und am allerlautesten diese Predig*er*innen*enden [jaja, so ist das im Divers: alle enden] den Tod.
Und die alle wollen jetzt plötzlich insbesondere diejenigen, denen er am nächsten steht, die Hochbetagten, die über 80-Jahre alten Menschen vor dem Tod „schützen“, diejenigen also, die ihm als die fast letzten anheimfallen, abertausendfach und seit jeher schon und aus guten Gründen.
Nun auf einmal dürfen die nicht mehr sterben. (Und wenn doch, dann seit neun Monaten ums Gottverrecken mutterseelen allein, weil nun gar keiner mehr den Tod sehen soll und will.
Immer noch haben die meisten Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime über die Sterbenden ein Besuchsverbot verhängt.
Und ein ‚Besuch‘ in voller Corona-‚Schutz‘-Montur ist für einen sterbenden Menschen, der einer Hand und einer Wange und eines Atems und eines Blickes bedürftig ist, schlimmer als kein Besuch: so eine Todesverleugnung in Schutzkleidung ist für den sterbenden Menschen Horror. Sein letzter.)

Lustigerweise wollen alle nun diesen Schutz vorm Tod durch die Abschaffung des Lebens bewerkstelligen.
Denn das Leben ist nunmehr erneut verboten.
Kein Leben mehr in den Pflegeheimen (jenen Parkplätzen unserer Alten vor dem ultimativen Ausgang, auf denen wir sie abstellen). Und kein Leben mehr auf den Straßen, den Bühnen, in den Fabriken, Büros, Restaurants, an den Werkbänken, Schultafeln, Klettergerüsten.
~

Ja, nach nunmehr neun Monaten finde ich es nur noch zum Lachen. (Aber ich lebe auch in meinem witwesken Luftschiff wie einst der Luftschiffer Giannozzo in seinem. In diesen dünnen Luftschichten ist Humor alles – und nichts, wie alles.)

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