Dass es nicht genug war

259 Dass es nicht genug war

– mit dieser Erfahrung leben können (oder sterben.)

Dass es nicht genug war ganz am Anfang. Nicht genug Arm, nicht genug Brust, nicht genug Augenglanz.
Und dass es nicht genug war ganz am Ende – welches vor allem, also physisch, das Ende des Lebensmenschen war –, nicht genug Sicherheit, nicht genug Mut, nicht genug Hingabe (und da rede ich auch von meinem Versagen).
(Zwischendrin waren knapp 14 Jahre, in denen alles reichte. Keine Not, kein Hunger, kein Mangel. Diese Jahre waren in einem anderen Leben, nun sind sie archäologische Fundstücke – wenn ich sie denn finde.)

Mit dieser Erfahrung, dass es nicht genug war, also leben (oder sterben). – Nicht mehr „hadern“.
Keine Tänze auf der Grenze mehr.
Kein trocknes Heulen mehr.
Und auch keine Verzweiflung mehr über vertanzte, verheulte, vertrocknete, entgrenzte Tage&Nächte.

– Immer wieder denke ich diesen Gedanken. Und frage mich, wie das wohl wäre.
Wenn ich leben (oder sterben) könnte mit all dem, was am Anfang und am Ende nicht genug vorhanden war.
Statt wie jetzt seit zehn Jahren auf der Grenze zu tänzeln, und das bar jeder Grazie eisbärenplump.
~ ~ ~

Manchmal in den letzten Jahren ist es passiert: Irgendetwas hat trotzdem gereicht.
Während des DaZelns.
Mit den Freunden.
Auf einer Couch, auf deren Rückenlehne der Zwilling vom Mitbewohner steht. (Dort am seltensten. Und das macht es keineswegs ‚wertvoller‘.)
In der Oper, im Konzert. (Dort so sehr, dass es anfing zu sättigen: Endlich kein Magen mehr! Nur Ohren und Haut und Bauchhöhle.)
– Ein paar Lebensmomente lang also hat irgendetwas auch im Witwesk gereicht.

Wie das wohl wär’, wenn der Mangel der Frühzeit und die Verlusterfahrung in der Lebensmitte nicht mehr von existentieller Bedeutung wären? Wenn irgendetwas endlich und bis ans Ende reichen würde?
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Ich denke wieder über eine Museumsjahreskarte nach, nun, da alle Konzerte und Opern gestrichen sind.
– 50 Euro. Mundschutz. Besuchsfensterbuchungspflicht. Beschwerliche Anfahrt mit dem flitzeroten Fahrrad. Tonlosigkeit. Ewigkeit.
+ All die Geschichten, Gesichter, Blicke (in den Gemälden, auf die Gemälde – seit Jahrhunderten). Des Menschen Tier- und Menschsein genau betrachten können. Stille in Gegenwart Anderer, Weniger.
0 Die Promotionsphase in Leben #1: Die ganze Frührenaissance – jetzt noch einmal und völlig anders?!

Und ich denke an eine Reise. Ans Meer, wie es mehr Meer kaum geben kann: nach Ericeira. Vor anderthalb Jahren dachte ich schon einmal an so eine Reise, hatte sogar Hotel, Flug und Transfer recherchiert.
Ob dergleichen jetzt noch irgendwann einmal wieder möglich sein wird? Damals scheiterte es an mir. Jetzt scheitert es bis auf Weiteres an dem Todesangst-Wahnsinn, der die Menschen seit jeher in ihren Klauen hält, nun aber komplett über sie hereingebrochen ist.

Alte Post

Krähe 3d

Am 10. Juni wird es zehn Jahre her sein, dass wir die Peritonealkarzinose-Diagnose erhielten (von der sich nie wird klären lassen, ob sie – wie so vieles schon davor und auch noch in den wenigen Monaten danach – einfach wieder nur eine ärztliche Fehlleistung war oder nicht).

Damals hat dann wohl das Sterben endgültig, also „alternativlos“, im Kopf des Lebensmenschen begonnen. (Die angeblich einzige schulmedizinische Alternative in Gestalt der Ausweidung war ja auch nicht wirklich etwas, auf das zu setzen war – schon gar nicht angesichts der Ärzte dort, die einerseits ein riesiges Bauhau drum machten und andererseits mal eben zum anberaumten OP-Termin auf Dienstreise waren und sich von irgendwelchen Assistenten vertreten lassen wollten.)

Ich habe in der alten Post gelesen, dass ich noch in der Nacht zum Todestag eine „Rundmail an die Freude“ geschrieben habe. Hoffnungsvoll und gleichzeitig augenklar (wie schon seit ein paar Tagen).

Diese „Freunde“ haben sich nach dem Tod entweder nie oder noch ein-, zwei- oder gar dreimal von sich aus gemeldet und dann nicht mehr,
oder sie haben, nachdem sie die entstehende „Nullsamkeit“ lasen, mir die Freundschaft aufgekündigt,
oder sie haben sich ein paar Jahre nach unserem Tod vertschüsst (das aber waren nur die „Freunde“, die schon während unseres Sterbens und erst recht hinterher ganz genau wussten, was ich da alles falsch mache, und die zum Teil schon währenddessen zu feige waren, uns in dieser Situation zu sehen – also einfach mal zu Besuch zu kommen).

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Fazit:
Aus meinem Leben #1 gibt es außerfamiliär noch 4 Menschen, zu denen ich Kontakt habe.

Alle anderen haben sich ver(pisst-)tschüsst (sowas darf man ja nicht laut sagen). Und dass ich etlichen dazu verholfen habe, und sie darüber froh sind, weiß ich.

„Innerfamiliär“ gibt es jetzt nur noch zwei „angeheiratete“ Personen, zu denen ich Kontakt habe. Der Rest der „Angeheirateten“ hat sich ebenfalls ver(pisst-)tschüsst (sowas darf man ja nicht laut sagen). [Und die „Kinder“ hatten zurecht nie ein Interesse – ich jetzt auch nicht mehr daran, die Tante mit den lächerlichen Geldüberweisungen zweimal im Jahr zu sein.]

„Blutsfamilie“ war nie da. (Hat aber jahrzehntelang verlangt, dass ich beim kleinsten Huster gefälligst mein Leben hingebe – geschweige denn bei richtiger Krankheit.)

~ ~ ~
Ich habe diese alte Post gelesen.
Diese Post habe ich per Mail geschrieben. Die Antworten – wenn sie überhaupt kamen – waren kurz. Besucher kamen gar nicht mehr (bis auf eine drei Wochen vorm Tod, und die war fatal).
Die Antworten sagten alle das, was einzig zu sagen war angesichts unseres Sterbens: „Ich verstehe nichts, kein Wort von Dir und Euch und Eurem Leben“.
Die Antworten sagten alle das, was einzig zu sagen ist zu mir: „Ich verstehe Dich nicht.“

~
Ich kann mich erinnern. Das Gefühl des Allein² kroch damals – schon nach der 1. Krebs-Diagnose im August 2009 – rasch durch Haut, Muskeln, Knochen und nistet seither in meinem Mark, kalt und hart und wahr.

Nun war da eine Zeit so reich und sanft und voller Musik, dass deren Tage und Nächte dieses Gefühl im Knochenmark ein wenig anschmelzen ließen.
Jetzt aber ist alles wieder wahr und hart und kalt, ist alles wieder im Allein².

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Nach wie vor dem Tod ist eine kleine weiche warme Todesangst in mir. Und jeden Abend sage ich meinem Tod, dass er mir in dieser Angst willkommen ist. (Denn wenn ich ihn nicht irgendwann herbeizerren müsste, wäre das schrecklich schön.)

Ich habe zehn Jahre alte Post gelesen. Und sitze mir als Krähe auf der Schulter.
Meine Schultern sind gebeugt und stippen manchmal in die namenlose Not.
Meine Krähe fliegt mir dann auf den Kopf, und ich spüre ihren Herzschlag auf meiner Schädelkalotte durch ihre warmen weichen Federn hindurch. Dann muss ich lachen und sie wiederum krächzen.

Getriebenheit

00 Nö klein

Womöglich ist es das? Was mich so reizbar macht. So zynisch und so grundverzweifeln lässt.
~

Ein durch und durch lächerliches Beispiel:

Nun (am 14.05., ich freilich habe das „Trägerrundschreiben“ gerade eben erst entdeckt) legt das Bamf einen ‚Wiedereinstiegsfahrplan‘ für die Integrationskurse auf,
in welchem es

1. {und hier nun wird es gesamtbundesrepublikanisch „C-Maßnahmen“-exemplarisch} sich komplett dafür entschuldigt, gar nichts entscheiden zu können, denn alles sei nunmehr Ländersache (womit das Bamf der Kurs-Durchführungswillkür Tür und Tor öffnet, während es doch sonst stahlhart und korrosionsfrei darauf beharrt, auch den winzigsten Millimeter, den die Unterschrift eines Kursteilnehmers von ihrer Gaußverteilung abweicht, zu ahnden in Gestalt von verweigerter Bezahlung der von der „Lehrkraft“, also der akademisch ausgewiesenen Dozentin geleisteten Arbeit) , und

2. mal eben dekretiert, dass das „Mindesthonorar“ der IntegrationskursdozentInnen (zur Erinnerung: Seit Juli 2016: 35 € für 45 Min. de facto abgeleisteten Unterrichts minus 100% Renten-, Kranken- & Pflegeversicherungbeiträgen [= ca. 38%] und ohne Bezahlung von Unterrichtsvor-/nachbereitungszeiten, ohne Urlaubs- und ohne Krankengeld [= ca. 35%]) künftig coronaauflagenbedingt halbiert oder gedrittelt oder auch gar geviertelt werden kann, je nachdem, wie die Kurse coronabedingt in „Teilgruppen“ aufgeteilt werden müssten.

~ . ~ . ~

Dann wäre es also möglich, dass wir IntegrationskursdozentInnen, die wir a) einen akademischen Abschluss haben müssen und b) meistens noch Zusatzqualifikationen erworben haben müssen, um diese beschissene Bamf-Zulassung als IK-Lehrkraft erhalten zu können – dann wäre es also möglich, dass wir Integrationskursdozentinnen

künftig für 17 oder für 12 Euro oder gar für 9 Euro brutto die Stunde arbeiten {zur Erinnerung: dann wie auch schon jetzt minus 100% Renten-, Kranken- & Pflegeversicherung (= ca. 38%) und ohne Bezahlung von Unterrichtsvor-/nachbereitungszeiten, ohne Urlaubs- und ohne Krankengeld (= ca. 35%)}.

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Das gab es noch nie. Seit Existenz der Integrationskurse, seit 2005 gab es das noch nie.
Ich weiß nicht genau, mit welchem Honorar die damals anfingen, aber zehn Jahre später (da stieg ich in diesen elendigen Ausbeutungssektor des BRD-Innenministeriums ein) lag es bei 21 Euro, kurz darauf bei 23 Euro. Und seit Sommer 2016 bei 35 Euro „Mindesthonorar“. (Inklusive Schlupfloch des Bamf für geizige Träger, die bis heute auch weit unter dem „Mindesthonorar“ zahlen dürfen …)
– – – – – – – –

Ich glaube das jetzt nicht.
Mit den 9 oder 12 oder 17 Euro.
– Ich glaub das jetzt nicht. Auch wenn das Bamf das nun mal eben so erlaubt hat … Ich glaub das jetzt nicht.

Der größere Teil von mir sieht aber: Doch! Genau SO hat das Bamf es jetzt dekretiert. Und genau SO wird es kommen.

Denn irgendeiner muss ja die Milliarden, die unsere werten Staatsbeamten nun in diesen sogen. Coronazeiten mal eben so rauspulvern, bezahlen.
Und die Frauenberufe waren für sowas schon immer gut – vor allem der Beruf „Mutter“ und der Beruf „Tochter“. Aber auch die Berufe in Erziehung, Bildung (bis maximal Klasse 6), Krankenpflege und Seniorenhilfe. Und die Berufe der Deutschvermittlung im Erwachsenenbildungsbereich.
Alles Frauenberufe.

~ ~ ~

Ich hab die Schnauze voll.
Wenn das Bamf diesen Irrsinn auch noch wahr macht, bin ich weg. Ich lass mich nicht mehr von irgendwas oder irgendwem vor sich her treiben.

Und ich lass mich auch nicht mehr treiben.
Ich setze Segel auf meiner Eisscholle.

Denn ~ persönliche Anmerkung ~ wenn das Bamf, eine dem Bundesinnenministerium nachgeordnete Behörde, nun tatsächlich wahrmacht, was es mal eben so ganz unauffällig angekündigt hat, und mein (und das zehntausender Kolleginnen) Honorar da jetzt in Coronazeiten mal eben von 35 auf 9, oder 12 oder 17 Euro brutto drückt (und damit übrigens ein „post-Corona“-Tor öffnete, durch das in den nächsten zehn, zwanzig Jahren ohnehin hierzulande und weltweit Milliarden von Menschen werden kriechen müssen, Staub schluckend und oft genug an ihm erstickend) – dann reicht’s mir endgültig.

Ich habe jetzt zehn Jahre lang versucht, diese verkommene Menschenwelt und diese elendige Menschenexistenz (die auch meine sind) zu balancieren, nachdem ich während des Sterbens 15 Monate lang und noch ein paar Jahre danach gelernt hatte, wie verkommen die Menschenwelt ist und wie elendig die menschliche Existenz.
– Dieser Bamf-Schwachsinn nun wäre per se lächerlich (wie fast alles schon immer). Aber jetzt würde sich da etwas summieren, sollte auch er wahr werden: 4 Euro netto für Zwangs-Akademikerinnen (denn drunter macht das Bamf es ja nicht).
Dann reichte es mir endgültig.

Ach und übrigens: Ich bin mir vollkommen darüber im Klaren und begrüße es sehr, dass das für keinen Menschen außer mir von Bedeutung wäre/ist.
[Es hat hier in diesem Blog zwei Kommentare in all den Jahren gegeben. Auch im sogen. Leben kommentiert niemand mehr das, was ich denke (und folglich sage/schreibe), und ich bin mir sehr wohl dessen bewusst, dass meine verstreuten FAZ-, Perlentaucher, Konzertgänger- und Psychogeplauder-Kommentare lächerliche Morsesignale waren, die – und deshalb waren sie lächerlich – nur wissen wollten, ob sie je abgesetzt wurden.]

Ich will keine Krähenpost mehr!

104 Meer
Ich will ans Meer.

Ich habe keine Lust mehr, mir fast pausenlos als jene Krähe auf der Schulter zu sitzen, zu der ich damals während der Konsultation dieses völlig menschenverachtenden Onkologen wurde (der war irgendeiner der Onkos Nr. 4-10; alle waren nicht sonderlich „empathisch“, doch der hat damals definitiv den 1. Preis für menschenvernichtenden ärztlichen Umgang abgegriffen) .

Ich habe keine Lust mehr auf ausschließlich Krähenpost, nicht mehr auf dieses mir selbst auf der Schulter Rumtrappeln von dadadadada nach dödödödödö und umgekehrt.
Ich hab keine Lust mehr auf diese schrägen, scharfen Blicke aus meinen Krähenaugen. Und auf diese nicht minder scharfen Kopfbewegungen auch nicht mehr (dafür muss ich noch Worte finden; derweil ich das tu’, sehen Sie einfach mal einer Krähe beim Sehen und Hinblicken zu, dann werden Sie wissen, wovon ich spreche).

Vermutlich liegt das daran, dass ich nunmehr so viele strukturelle Ähnlichkeiten zwischen meinem ganz persönlichen Damals vor zehn Jahren und dem ganz öffentlichen Corona-Heute sehe.
Jener menschenverachtende – nein: menschenblinde, schafsgesichtige Onkologe von damals ist nun Legion: Schafsgesichtig und menschenblind sind jetzt so viele, und über alle Professionen hinweg.

Vermutlich ist so die Gattung.
Schafsgesichtig. Menschenblind. Stampedeschweißig. Und jederzeit bereit auszuschlagen, niederzuschlagen, zu keulen.

Das ständig im Krähenblick zu haben – nee!
Das schaff’ ich aktuell nicht, ich feiges Ich.

Aber ich bin ja auch noch ein witwesker Eisbär. Wenn auch momentan reichlich substanzlos.
Und ich bin ja auch immer noch eine Löwidow, diese völlig krause Kreuzung von einst und jetzt.

Hinzu kommt, dass der Mitbewohner mich täglich wissen lässt, dass alles auch ganz anders sein kann und ist (und mithin alles tatsächlich relativ und irgendwie zum Lachen und meist lächerlich).

Außer mir sind hier also der witweske Eisbär, eine Löwidow, eine Krähe und ein – externes – Schweinchen.
Da darf ich vielleicht einem von uns allen hier für kurze Zeit mal ein Post-Absende-Verbot erteilen?!

Ja. – Ja. – Ja. – Ja. – Nö.
{ Okay, Schweinchen, Du darfst immer. Alles. Du bist ganz innen und kommst von Außen; anders als der Rest von uns.

Der will ans Meer. }

Krähenpost 7: Wiederholungen

01 Krähenpicken klein re

Es wiederholt sich. „Wir“ haben uns nun im Corona-Alltag eingerichtet.
Es wiederholt sich, Tag für Tag.
Abstandsdistanz-Tänzchen, Maske ruff/Maske runter beim und nach dem Einkauf oder der U-Bahnfahrt, dezente Umgehung der Kontaktbeschränkungen zwischen Ommas, Oppas und Enkels, das Glotzen der Blockwarte und -wärterinnen, und auch sonst all „unser“ alltäglich gewordener Corona-Wahnsinn: wiederholt sich
– wie alles sich wiederholt in der Geschichte der Gattung.

Es wiederholt sich nun seit Mitte März. – Mit allem, was tagtäglich völlig neu verkündet, verhängt und auch wieder verabschiedet wird.
Denn auch das wiederholt sich ja tagtäglich: Diese Inszenierung eines simplen „wissenschaftlichen“ Momenterlebens als breaking news mit weitreichender politischer und lebensweltlicher Wirkung.
– Von deren wissenschaftlicher Begründung freilich drei Stunden oder drei Tage oder drei Wochen später keiner mehr etwas gewusst haben will.

Es wiederholt sich nun seit Mitte März.

Und das teutsche Volk hat sich nunmehr eingerichtet, es folgt. (Auch das eine Wiederholung.) Es folgt auf Insta, Twitt et al.
„Wir“ wiederholen – sie befolgend – nun tagtäglich die „Corona-Regeln“.

Und „wir“ dürfen „uns“ damit wieder einbilden, ewig zu leben, unsterblich zu sein.
{Und nochmals: Darum geht es. Das ist das Wesentliche. Immer wieder und wieder und wieder in der Geschichte der Gattung und in der Geschichte des einzelnen Gattungsexemplars: Unsterblichkeit. – So entsetzlich die auch ist.}

Und damit, also indem „wir“ die „Corona-Regeln“ befolgen, dürfen „wir“ denen, die dennoch sterben, wieder sagen, dass es ihre SCHULD ist, dass sie sterben.
Und damit, also indem „wir“ die „Corona-Regeln“ befolgen, dürfen wir sie, die dennoch sterben, fragen, was sie „uns“ mit ihrem Tod da nun eigentlich ZUMUTEN.

Denn auch das ist nur eine Wiederholung, auch das tun „wir“ schon jahrhundertelang:
– den Sterbenden ihr Sterben vorwerfen,
– sie zu den Schuldigen daran erklären,
– ihnen vorhalten, was sie „uns“ damit aufbürden.
– und sie auf Biegen und Brechen am Sterben hindern (zum Beispiel, indem wir sie aktuell zwangsbeatmen).

Das sind leerdrehende Automatismen. Wiederholungen, die nichts herbeiholen, keinen Sinn und schon gar keine Humanität.

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~

Vielleicht hat sich hier jemand geärgert über meine vielen Gänsefüßchen bei den Personal- und Possessivpronomina in der 1. Pers. Pl.
– Is mir egal.
Ich gehöre nicht mehr zu „uns“, den Menschen.
Ich habe einen Menschenkörper. Das ist alles, was ich mit den Menschen noch teile.
Ich lebe an einem anderen Ort als die meisten Menschen. Ich denke anders als fast alle Menschen. Und selbst mein Menschenkörper ist eisbärfellbewachsen und empfindet anders als Menschenhaut.


Ich denke daran: 00 Nö sehr klein . Ich darf das. Ich muss nicht mehr.

Begegnungen, die Ekel auslösen

257 Muss nix mehr

Nachdem ich der Ex-Kollegin, die sich damals vor 15 Jahren wie so manche aus Karrieregeilheit für alles zu fein war, nun noch einmal in ‚meinem‘ Kiez begegnet bin wie schon am 9. April (wovon ich hier Zeugnis ablegte), glücklicherweise wieder unterstützt vom flitzeroten Fahrrad, das auch diese Begegnung mir leicht machte, habe ich einen gefragt, der’s wissen muss.

Ja, die ist doch hierher gezogen. Nicht dorthin, wo sie hingehört: mindestens nach Kreuz-, passender noch nach Prenzlauer Berg.

Irgendwann werde ich der, die hier nicht hergehört, sondern in die Eigentumsetagen des Prenzlauer Bergs, mindestens ins Einzugsgebiet der Markthalle 9 – irgendwann werde ich der und wird die mir gegenüberstehen, ich dann ohne flitzerotes Fahrrad, auf dem ich an der vorbeiradeln, und die dann ohne Baum, hinter dem sie sich wegducken kann.
Vermutlich wird die dann ihr Normalo-Spielchen mit mir zu spielen versuchen: „Ach, hallo! Na, das ist ja ein Zufall – sowas aber auch! Wie geht’s dir denn? Und was machst du so?“

Ich bin nicht mehr normal.
Ich muss für eure Normalo-Spielchen keine Silbe mehr verschwenden. Und keinen Atemzug. Und ich darf mich vor ihnen und euch ekeln.

{ Und ich denke daran: 00 Nö sehr klein . Das darf. Ich muss nichts mehr. }

Krähenpost 6

01 Krähenpicken klein für Sequenz
Jetzt argumentieren die Moralkeulen-Bewaffneten damit, dass einem durchschnittlich mit 82 Jahren an/mit Covid19 Sterbenden im Schnitt fünf bis 13 Lebensjahre „verloren“ gehen (was Statistiker ganz neu herausgefunden haben wollen, aha aha; wie war das gleich noch mit der „Statistik“?).
Und noch dazu tun sie das zum Beispiel unter der Überschrift „Kein Leben ist weniger wert
(https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/coronavirus-boris-palmer-1.4894201).

Mir kommt nur noch die Galle hoch ob dieser Verlogenheit!

1.
Ab 82, 83 Jahren wird das Leben extrem beschwerlich, ist es nämlich tagtäglich mit Schmerzen verbunden (vor allem mit Schmerzen des Bewegungsapparates; im Falle von chronischen Krankheiten überdies mit Organschmerzen, im Falle von Krebs zusätzlich mit Behandlungs- und Körperschmerzen) und durch gravierende Einschränkungen belastet (massiv abnehmend: Seh- und Hörvermögen, Konzentration, Bewegungsradius, Reaktionsgeschwindigkeit, überdies Isolation, weil die Freunde schon gestorben sind, Demenzsymptome etc. – alles nicht mehr wirklich kompensierbar!). Ich kenne keinen über 80 Jahre alten Menschen, der das nicht beklagt.
Doch die Moralkeule tragende Presse spricht nur von „fitten 80-Jährigen“, die nun um rund 10 Lebensjahre gebracht würden. – Welche Verlogenheit.
NEIN: Keine Verlogenheit, das ist wieder einfach nur Verdrängung dessen, was ist. Nämlich, dass „Altwerden nichts für Feiglinge“ ist, wie ein Buch von Joachim Fuchsberger heißt (das ich allerdings nicht gelesen habe; mir haben aber mehrere über 80 Jahre alte Menschen von ihrer Lektüre erzählt und den Titel mit ihrer eigenen tagtäglichen Erfahrung bestätigt).
Altwerden ab 80 heißt: Tagtäglich Schmerzensqual, extreme Einschränkungen und sogar Erniedrigung (spätestens dann, wenn man zum Pflegefall wird).

2.
Durch unsere 1.-Welt-Corona-„Maßnahmen“ sorgen wir dafür, dass in den anderen, den ‚hinteren‘ Welten, Millionen von Kinden sterben werden und Milliarden von Menschen insgesamt. – Aber nicht etwa an Covid19, nein nein!
Sie krepieren, weil wir den unseligen, von uns etablierten Welt-Markt nun mal eben zusammenbrechen lassen durch unsere Corona-Maßnahmen: Ihretwegen, also unseretwegen werden diese Milliarden Menschen verdursten und verhungern oder sich und ihre Familien suizidieren, weil sie nicht das geringste Bisschen an Zukunftsoption noch sehen können.

Und dann schreibt irgendsoein dumpfbackiger moralkeulenschwingender Journalisten-Mensch am 1. Mai 2020 einen Kommentar in der Internet-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung von 18:12 Uhr tatsächlich mit dem Titel: „Kein Leben ist weniger wert“, und flötet dort etwas davon vor, dass dem hiesigen 82-jährigen Corona-Toten ja im Schnitt glatt 5-13 supidupitolle Lebensjahre genommen worden seien.

Was für eine unintelligente, verlogene und egomanische Spezies Homo sapiens sapiens ist, zeigt sich aktuell wieder tagtäglich tausendfach.

{ Ich denke daran: 00 Nö sehr klein . Das darf. Ich muss nichts mehr. }

Krähenpost 5, in eigener Sache

Die beste aller Freunde und Freundinnen hat geschrieben.
Sie schrieb nur Liebes. Ich hab’s gelesen.

Ich merke durch solche Lektüren:
Fern bin ich von den Lebenswelten aller Menschen, die ich kenne.
Ich bin im Witwesk.

Und „Corona“ lässt mich das wieder einmal ganz klar sehen: Ich habe mit den Menschen kaum noch etwas gemein.
Das ist ja eigentlich paradox: Nun sind doch alle „kontaktverboten“ und „ausgangsbeschränkt“ und viele in staatlich verordneter Zwangsarbeitslosigkeit.

– Dennoch erlebe ich, dass alle Menschen, die ich kenne, tagtäglich physischen Menschen-Kontakt haben: zu ihren Lebenspartnern oder innerhalb ihrer Familie; und ich erlebe, dass alle Menschen, die ich kenne, ihre „Ausgangsbeschränkungen“ mit Solo-Sporteln oder mit Paar- oder Familienspaziergang absovieren; und ich erlebe, dass entweder alle noch weiterarbeiten und ihr Gehalt beziehen dürfen oder durch eine „Corona-Maßnahme“ Geldsegen erhalten.

Ich darf und habe nichts von alledem.
(Außer dem Solo-Sporteln – und selbst da muss ich nun ja höllisch aufpassen, dass mir keine glückliche Familie auf dem Iron-Widow-Parcours in die Atemluftbahn gerät, obwohl ich meine womöglich viruskontaminierte Atemluft beim Rennen schon seit „Corona“-Beginn familienfreundlich in der Dämmerung ausstoße, wenn all diese glücklichen Familien nicht mehr im Park unterwegs sind und ich das Risiko eingehe, mangels Licht über Steine, Dreck oder einfach das Dunkel zu stolpern und mal wieder auf die Fresse zu fallen und mir wieder einmal irgendeinen oder mehrere Knochen zu brechen. Auf dass all die glücklichen Familien und Coronaertüchtigungsspaziergangspaare weiterhin glücklich bleiben dürfen, nicht wahr?)

Ich habe nichts von alledem, was dieser vollkommen durchgeknallte Staat derzeit noch gestattet:
Ich habe
– keinen physischen Kontakt zu einem Menschen „im gemeinsamen Haushalt“ (von einem geistigen Kontakt zu schweigen);
– keine geteilten Spazier- oder sonstigen Ertüchtigungsgänge;
– und kein Geld.

Aber die Deutsche Rentenversicherung Bund hat meinen Rentenversicherungsbeitrag auf mein coronabedingt nicht vorhandenes April-Honorar von meinem leeren Konto einfach abgebucht und nie auf meine vor vielen Wochen postalisch gestellte Bitte, das nicht zu tun, reagiert.
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00 Nö klein
[Das bleibt: Ich habe diese Option! Und ich habe sie jetzt wieder sanft gemacht.]

Krähenpost 4

Heut bilderlos.

Jetzt darf ich nur noch mit „Maske“ leben (denn ohne „Maske“ darf ich das Lebensnotwendige nicht mehr erwerben: Ohne „Maske“ kein Brot mehr, kein Obst und kein Wasser).

Danke, liebe Welt! Das ist wundervoll.
Denn es heißt, dass solche wie ich nicht mehr leben dürfen.

– Natürlich erschießt du, liebe Welt, mich und meinesgleichen nicht sofort; aber du wirst uns „festsetzen“, gerichtlich verurteilen und dann irgendwann entsorgen (also doch erschießen oder anderweitig entfernen), weil wir deiner Masken-Verordnung nicht nachkommen, die eine Ausgeburt deines Wahnsinns, deiner Todes-Ängste und deiner allgemeinen Paranoia ist.

Ich wünsche mir so sehr: Mach mal, liebe Welt! Stell mich an die Wand, damit du deinen 85+-Jährigen noch ein, zwei Monate oder Jahre mitsamt ihren Qualen länger gewähren kannst (zumindest den 85+-Jährigen, die darum bei Dir, lieber Welt, ersuchen).
Liebe Welt, liebe Corona-Maßnahmen-BefolgerInnen, also kurzum: Liebe Block/gwarte und Block/gwärterinnen: Macht doch bitte einfach kurzen Prozess mit mir! Denn:
• Ich WILL keine Maske tragen (und trage nur ein Seidentuch).
• Ich weiß, dass wir Menschen sterben (ich habe den Lebensmenschen mitsamt seinem Tod im Arm gehalten, als er knapp 47 Jahre alt war, und ich habe außer ihm noch mehrere andere Menschen tot gesehen, geküsst und beweint).
• Ich finde Eure ganze Todespanik und Todesverdrängung, die Ihr nun betreibt und deshalb alle Menschenrechte aushebelt, einfach nur pervers. Wisset: IHR WERDET STERBEN! Wie alle. Und das ist gut so!!!

Und jetzt könnten vielleicht bitte wieder die Menschenrechte in Kraft gesetzt werden, nachdem Ihr die mal eben so ausgesetzt habt!
Und jetzt könnte vielleicht bitte wieder die Vernunft zurückkehren. Und die Tatsache, dass wir Menschen sterben. Und dass wir es statistisch meist zwischen unserem 80. und 87. Jahr tun. Und vielleicht dürfen wir dann ab jetzt wieder einfach an einem neuen Grippe-Virus sterben, so wie zigtausend Menschen alljährlich an einem neuen Grippe-Virus sterben, Jahr für Jahr.
Und vielleicht verhindern wir, wenn wir uns nun endlich wieder sterben lassen, dass Milliarden von Kindern in den sogen. Entwicklungsländern an unserer first-world-Todes-Panik krepieren müssen.

Wir nämlich dürfen sanft sterben: mit Morphium. Auch und gerade, wenn unsere Lungen versagen.
Diese Kinder aber dort, in der sogenannten unterentwickelten Welt, die krepieren einfach. Ohne Medikamente. Ohne Schmerzmittel. Ohne Arzt. Und wenn wir so weitermachen, zu Millionen – an uns.

Bitte, könnte die Menschenwelt wieder zu ihren menschlichen Maßstäben zurückkehren, die sie so mühselig entwickelt hat, und die bis vor etwa zwei Monaten walteten, mancherorts, so auch hierzulande? Bitte!

Krähenpost 3

01 Krähenpicken klein re

Heute: Zufriedenes Krächzen.

Der witweske Eisbär hat erstmals im Witwesk Kartoffelsalat gemacht. Und zwar nicht diese Berliner Mayo-Pampe – nein: den des Lebensmenschen, den süddeutschen, mit Öl, Essig, Gemüsebrühe, Zwiebel und Speck.
Es gibt eine Sammlung von Familien-Rezepten, die der Lebensmensch anzulegen begonnen hatte; darin findet sich auch diese Köstlichkeit.
Stets hat er den Salat für uns zubereitet, ich habe hie und da ein bisschen zugesehen (und nachdem ich ihn das erste Mal probiert hatte, habe ich meinem typischem Berliner Familienrezept ein für alle Mal abgeschworen).

Lange schon wollte ich des Lebensmenschen Kartoffelsalat wieder einmal essen.
Doch es war bisher sein Rezept, sein Salat und seine Aufgabe, ihn für uns zu machen. Jetzt gibt es bekanntlich weder ihn noch uns. Und so hat es neuneinhalb Jahre gedauert, bis ich es wagen konnte.

Der Mitbewohner schnuppert ganz entzückt.
Der Eisbär sitzt mit ausgestreckten Beinen und dickem Bauch auf der Scholle und brummt honigsüß.
Und die Krähe krächzt zufrieden.
– Das ist doch mal ein Tagesende!