Witweske Worte, nach längerem

„Zeugnis-Ablegen bis zum letzten.“ (Victor Klemperer)
Witweske Worte
Dass witweske Erfahrungen „privat“ seien und allenfalls in ein Tagebuch gehörten, hat man mir zu verstehen gegeben, seitdem ich im Witwesk lebe. Ich habe das weder emotional noch argumentativ je eingesehen.
Und nun haben sich ja die Staatsgewalt und die Öffentlichkeit bis ins letzte Private hineingespritzt.
Es gibt nichts Privates mehr.
Jetzt ist alles politisch. (War’s immer schon, ich weiß.) – Achverzeihung: „Jetzt ist alles hygienisch“, muss es natürlich heißen.

Aber ich bin immer noch ein blogender witwesker Eisbär. Und ungespritzt.

Mir fehlt der Lebensmensch. Und davon muss ich heut Zeugnis ablegen.

Er fehlt mir jetzt so, dass es mich nach langer Zeit wieder auseinanderzunehmen beginnt.
Würde er noch leben: Er wäre viel früher als ich in den Widerstand gegangen. Er wäre jetzt viel mutiger als ich.

Oft frage ich mich: Was täte ich, müssten der Lebensmensch und ich jetzt durch unseren Krebs gehen – hätte ich mir ein Maschinengewehr gekauft, um endlich Zugang zum Krankenhaus zu bekommen?
Das halte ich für nicht abwegig.

Für noch realistischer aber halte ich, dass der Lebensmensch durch Merkels und Drostens, Spahns, Söders, Wielers, Lauterbachs und durch Brink- sowie Priesemanns und Cieseks und Buyx’, und wie sie nicht alle heißen, (und ihre Namen sind notiert zusammen mit ihren) Verbrechen gegen die Menschlichkeit – hätten wir heute unseren Krebs – nach zwei Wochen krepiert wäre und nicht erst nach 15 Monaten, in denen wir immer eine Überlebenschance hatten:
Denn der Lebensmensch wäre dann auf Anordnung dieser o.g. Menschenschlächter:innen bereits nach der ersten OP mitsamt ihren arztverschuldeten lebensbedrohlichen Komplikationen in völliger Einsamkeit krepiert.
Wir aber durften 15 Monate lang noch gemeinsam sterben mit unzähligen Überlebenschancen, und am Ende durfte sich der Lebensmensch von mir im Arm gehalten fühlen und ich durfte ihn in meinem Arm halten.

Ich bin unendlich froh darüber, dass der Lebensmensch tot ist und diesen ganzen unerträglichen Wahnsinn der Menschheit jetzt nicht mehr miterleben muss (schon gar nicht als Krebskranker – denn heute steht da die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland namens Merkel und würde ihn sofort töten mit ihren „Maßnahmen“).

Wir, der Lebensmensch und ich, werden uns nicht mehr begegnen. Aber ich weiß, was wir an Lebendigkeit teilten.
Und als ich ihn sterbend und dann tot im Arm hielt, zeigte er mir:
Wir kommen aus dem Nichts und wir gehen ins Nichts.
~ ~ ~

Er, mein Lebensmensch, fehlt mir. So, dass es – dieses Fehlen – mich auch nach bald 11 Jahren noch manchmal unter das Fundament meiner Existenz hebelt. Und da ist nichts.
(Das ist ein Geschenk. Ich darf schon zu Lebzeiten dann und wann erleben, was vor meiner Geburt war und was nach meinem Tod sein wird. Doch das als emotionales Erleben schon im Leben wahrzunehmen, ist für mich gleichzeitig immer noch etwas verstörend.)

Er fehlt mir.
Und er zeigt mir jetzt in diesem entsetzlichen Menschheitsgrauen durch sein Fehlen, was ich selbst auch sehe: Zwischen dem Nichts, aus dem wir kommen, und dem, in das wir gehen, liegt unser Leben. Und es gehört einerseits gänzlich und andererseits gar nicht uns.

Ich weiß: Er wäre schon längst im Widerstand. Er wäre viel mutiger als ich.
Im Kampf um diese sich jetzt erneut als so sinnlos erweisende Gattung „homo sapiens“, die aber fähig war, Frieden, Freiheit und Demokratie in vielen Jahrtausenden zu erdenken und sogar eine Zeit lang in vielen Ländern der Erde zu leben. Und die jetzt so vollkommen versagt.

Er fehlt mir, wie nie zuvor.
Denn er wäre schon längst im Widerstand, wie ich es jetzt endlich bin, und er wäre viel mutiger als ich.
Er fehlt mir wie nie zuvor.

Aber das zu beklagen, hat noch nie geholfen.
Und ich war in manchen Dingen immer viel mutiger als er.

Liebster, ich bin so frei:
ich nehm das Beste von Dir mit, zu mir, und dafür dank’ ich Dir.

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